ÖVP für schärfere Bestimmung gegen Korruption. | Pühringer: Zorn und Wut bei Basis. | Wien. Den Griechen verdanken wir den schönen Gedanken von der Katharsis, also der seelischen Reinigung dank Durchschreiten eines veritablen emotionalen Jammertals. | Österreicher halten ihre Politiker für besonders korrupt
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Die ÖVP durchlebt gerade ein solches Jammertal: Eine für Österreich höchst ungewöhnliche Rücktrittsserie (Strasser, Ranner, Kapeller), ausgelöst durch unangenehm konkrete Hinweise auf ethische Verlotterung - mit dem einsamen Höhepunkt eines von sich selbst berauschten EU-Delegationsleiters, der Undercover-Journalisten von den Vorzügen seiner Käuflichkeit vorschwärmt.
Um aus diesem Teufelskreislauf herauszukommen, hat der ÖVP-Parlamentsklub nun eine Deklaration für "Ethik in der Politik" einstimmig beschlossen (Wortlaut siehe Kasten). Neben bereits Bekanntem sticht dabei das Bekenntnis zur Offenlegung von Parteispenden ins Auge. Hier haben sich zwar SPÖ und ÖVP bereits weitgehend auf eine Verschärfung der Bestimmung noch vor dem Sommer geeinigt, offen ist jedoch, inwieweit auch Vorfeldorganisationen der Parteien in diese Transparenz miteinbezogen werden.
"Ja" zu Offenlegungnoch kein Durchbruch
Das Bekenntnis zur Offenlegung sei noch nicht als Schwenk in dieser Frage zu werten, heißt es dazu aus dem ÖVP-Klub zur "Wiener Zeitung", Details müssten aber erst noch diskutiert werden.
Die Turbulenzen sorgen unterdessen für erregte Debatten an der Basis. So berichtet Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer von Wut und Zorn der Ehrenamtlichen. Man werde reden müssen, "wie man das Erscheinungsbild wieder verbessern kann", so Pühringer. Auch Vorarlbergs Herbert Sausgruber zeigt sich "not amused" über den Zustand der Partei, sieht jedoch von öffentlichen Ratschlägen ab.
Trotz der öffentlich zur Schau getragenen Zerknirschung und diversen Zurufen nach neuen Köpfen werden Personaländerungen von der in Abwesenheit des rekonvaleszenten Obmanns Josef Pröll amtierenden Parteispitze ausgeschlossen: Klubchef Karlheinz Kopf sieht etwa "keinerlei Anzeichen für irgendwelche personellen Änderungen". Am Stuhl von Parteichef Pröll will schon gar keiner öffentlich rütteln.
Trotzdem gibt es Hinweise, dass die aktuellen Probleme mit den Rücktritten noch nicht ausgestanden sind.
So berichtet der "Standard", dass die steirische ÖVP-Spitze bereits seit längerem über die Vorwürfe gegen die am Dienstag zurückgetretene EU-Mandatarin Hella Ranner informiert gewesen sein soll.
Deklaration des ÖVP-Klubs zu "Ethik in der Politik"
"Der Parlamentsklub der ÖVP verurteilt einhellig alle Handlungen von Politikern, die auch nur den Anschein erwecken, politische Funktionsträger würden ihre Arbeit nicht an ideellen Motiven und Überzeugungen orientieren, sondern in ihrer Tätigkeit persönlichen finanziellen Interessen folgen. (...)
Deshalb treten wir geschlossen ein für:
* eine Anhebung der Standards des österreichischen Anti-Korruptions-Strafrechts für politische Mandatsträger,
* eine Ausweitung der nach Unvereinbarkeitsgesetz meldepflichtigen Tätigkeiten,
* Abschaffung der außerberuflichen Immunität,
* die Schaffung eines Lobbying-Gesetzes, in dessen Zentrum ein Lobbyisten-Register stehen soll,
* die Offenlegung von Parteispenden und
* die volle Transparenz von Regierungsinseraten, um dem Vorwurf des "Kaufs" der öffentlichen Meinung durch die Politik entgegenzuwirken.
Zugleich bekennt sich der Parlamentsklub zu fest in der Gesellschaft und im Berufsleben verankerten Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern (...)."