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Die Volkspartei sucht ihr Profil

Von Matthias Nagl

Politik

In Oberösterreich und Salzburg hat die ÖVP Nachdenkprozesse angestoßen, in Vorarlberg schon abgeschlossen.


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Linz/Salzburg. In der Volkspartei rauchen aktuell die Köpfe. Das liegt nicht am politischen Tagesgeschäft und gilt nicht für die Bundespartei. Die Landesorganisationen in Oberösterreich und Salzburg haben sich einen Nachdenkprozess verschrieben. Unabhängig voneinander und mit unterschiedlichen Zielen.

In Oberösterreich sollen am Ende Ideen für das Programm zur Landtagswahl im Herbst 2015 stehen, in Salzburg soll erstmals ein eigenes Grundsatzprogramm der Volkspartei beschlossen werden. Die Ähnlichkeit der Initiativen ergibt sich schon aus dem Namen. "Vordenken" heißt der Prozess in Salzburg, in Oberösterreich steht die Initiative mit dem Namen "Projekt Freiraum" unter dem Motto "Oberösterreich weiter denken". Es soll also vor allem gedacht werden.

Nicht ganz unschuldig an der neuen Lust am Denken in der Volkspartei sind wohl die Neos. Denn mit ihrem Auftauchen ist der ÖVP starke Konkurrenz auf ihrem fortschrittlichen Flügel erwachsen. "Da gibt es wohl keinen ursächlichen Zusammenhang. Aber es gibt innerhalb der ÖVP schon länger die Kritik, bürgerlichen Wählern ein liberaleres Angebot zu machen. Die Reformer in der ÖVP können sich mit dem Auftauchen der Neos leichter durchsetzen", analysiert Reinhard Heinisch, Politikwissenschafter an der Uni Salzburg.

Neos als Denkhilfe

Gerade in Salzburg wurde der Reformprozess mit einer Grundsatzrede Wilfried Haslauers schon vor dem Einstieg der Neos eingeleitet. Nach einem intensiven Jahr mit vier Wahlgängen ist für die Salzburger Volkspartei nun der richtige Zeitpunkt, sich mit Grundsätzlichem zu beschäftigen.

Anders ist das in Oberösterreich. Dort steht die Partei ein Jahr vor einem Landtags-Wahlkampf. In den aktuellen Umfragen für Oberösterreich sind die Neos eine reale Bedrohung. Die ÖVP liegt bei 40 bis 42 Prozent, die Neos zwischen 6 und 10 Prozent. Die neue Partei könnte also die Verluste von 5 bis 7 Prozentpunkten, die der ÖVP prognostiziert werden, zur Gänze absorbieren. Auch Landeshauptmann Josef Pühringer hat die Neos als reale Gefahr ausgemacht.

"Wir müssen im urbanen Bereich Schwerpunkte setzen", sagte er. Die nun gestartete Initiative soll das wohl unterstreichen. Verantwortlich für das Projekt ist Klubobmann Thomas Stelzer, der von Pühringer als Nachfolger aufgebaut wird.

"Woher eine Idee kommt, spielt keine Rolle, einzig, ob sie dazu beiträgt, dass Oberösterreich die Zukunft positiv bewältigen kann", sagte Stelzer. Neben der Möglichkeit zur Online-Partizipation will man sich die Ideen auch direkt von den Oberösterreichern holen. Dazu fahren einerseits hochrangige Parteivertreter zu "Zukunfts-Brunches" in die Bezirke, andererseits werden die Oberösterreicher bei Märkten, Freibädern und Straßenfesten von einem ÖVP-Mobil besucht und zum Nachdenken aufgefordert.

"Unter die Leute gehen"

Damit folgt die oberösterreichische VP einem generellen Polit-Trend. "Das Unter-die-Leute-Gehen ist aktuell sehr in, auch international", sagt Politikwissenschafter Heinisch. Die Salzburger VP mischt sich bei ihrem Zukunftsprozess nicht ganz so offensiv unters Volk, spricht aber auch gezielt Leute von außerhalb der Partei an.

Die ÖVP Vorarlberg hat den Programmfindungsprozess bereits hinter sich, immerhin sind die Landtagswahlen dort schon am 21. September. Auch die Vorarlberger VP setzte auf Hilfe von außen, stolz verweist sie auf "2000 Vorarlberger sowohl innerhalb als auch außerhalb der Volkspartei", die am Programm mitgearbeitet hätten. Was die Vorarlberger und die oberösterreichische VP eint, ist die Bedrohung durch die Neos. Diese schnitten in Vorarlberg bei den jüngsten Wahlen überdurchschnittlich gut ab. Bei der Nationalratswahl im vergangenen Herbst kamen sie dort auf gut 13 Prozent, bei der EU-Wahl im Mai gar auf 14,9 Prozent.

Dabei liest sich das Programm der Vorarlberger Volkspartei über weite Strecken ausgesprochen liberal. Das liegt aber weniger am neuen Mitbewerber als am traditionell stärker ausgeprägten Liberalismus in Vorarlberg. So sagte Landeshauptmann Markus Wallner, in Zukunft noch stärker einen "eigenständigen Vorarlberger Weg" gehen zu wollen.

Ob der liberalere Weg der westlichen Bundesländer irgendwann auch auf die Bundespartei abfärben könnte, sieht Heinisch skeptisch: "Die Basis dafür fehlt in Ostösterreich, weil die Bedingungen ganz andere sind." So verfolgen etwa die mitglieder- und stimmenstarken Volksparteien in der Steiermark oder besonders Niederösterreich einen gänzlich anderen Weg.