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Die Vorgeschichte der Euro-Debatte

Von Friedrich Korkisch

Gastkommentare

Jetzt hat Europa eine Krise, die mit der amerikanischen nichts zu tun hat. Aus österreichischer Sicht sind drei Dinge erstaunlich: erstens die hohe Qualität der österreichischen Journalisten, die über diese Krise berichten; zweitens die Banalität, mit der die Politiker sich zu Wort melden; drittens die Unart, diese Krise nun "Spekulanten" und Ratingagenturen anzulasten, so als wären diese für die Zustände der Wirtschaft in zahlreichen (süd-)europäischen Staaten verantwortlich, seien es Staatsschulden, Budgetdefizite, unzureichende Produktivität, | Arbeitslosigkeit, Inflation, Korruption oder falsche Wirtschaftsdaten.


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Was den Euro betrifft, zitieren nun viele Milton Friedman, kritische Kommentare zum Euro kamen aber auch von Paul Krugman, George Soros, Marty Feldstein oder Robert Mundell - aber Kritiker aus den USA waren in Europa unerwünscht. Was man in der EU (vorsätzlich!) übersah: Die Staaten nördlich der Alpen, so die Statistiken der Weltbank, hatten 1970 ein dreimal so hohes Pro-Kopf-Einkommen wie jene im Mittelmeerraum. Daran hatte sich 1980, 1990, 1998/99 wie 2010 nichts geändert, und auch 2020 wird es noch so sein.

Dennoch nahm man diese schwachen Staaten in die Europäischen Währungsunion auf. Und dann kam es, wie vorausgesagt, zum "Euro-Syndrom": Die Preise passten sich rasch jenen in Nordeuropa an; die betroffenen Regierungen mussten Löhne und Pensionen anpassen, was zur totalen Verzerrung führte, denn die Wirtschaftsleistung veränderte sich kaum. Bei Griechenlands Aufnahme war die Rede davon, man müsse dieses Land als "Wiege der europäischen Demokratie" aufnehmen, Spanien wurde von Frankreich gefördert, Italien von Deutschland.

Kaum einer dieser Staaten erfüllte die Kriterien der Währungsunion, aber das wurde ignoriert, und damit produzierte der Euro ab 2000 genau jene Probleme, die davor die EWG, EG und EU beseitigt hatten. Bei Griechenland kam noch das "Sowjet-Rüstungssyndrom" dazu: Offiziell hatte es exorbitante Rüstungsausgaben von 4,8 Prozent des BIP (Nato-Durchschnitt: 2 Prozent), tatsächlich waren es zuletzt fast 6 Prozent, plus mehr als 1,5 Milliarden Euro unbezahlter Rechnungen für U-Boote, Korvetten und Flugzeuge. Auch Olympia war ein Preis- und Defizittreiber. Ab 2005 hatte der Staat keine Kenntnis über seine Finanzlage, 2006 war er bankrott.

Sehr bedenklich sind andere Entwicklungen: Die geforderte europäische Ratingagentur soll von den europäischen Regierungen und der EZB gesteuert werden, um Spekulationen gegen Staaten und den Euro zu unterbinden. Klar, dass mit einer solchen "Polit-Agentur" Griechenland wie Irland ein AAA hätten.

Ich schrieb in der "Wiener Zeitung" vor Jahren, dass die reichen Länder im Norden den Süden nicht finanzieren werden, so wie die USA nicht Mexiko finanzieren. Und der betrogene und ausgenutzte Steuerzahler wird Regierungen davonjagen, die zig Milliarden zur Rettung einer Währung verschieben, die weder Arbeitslosigkeit, Krisen noch Inflation verhindert.

Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.