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Österreichs Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach ist als Wahlbeobachter in Weißrussland. | Österreichs Ex-Vizekanzler Hubert Gorbach hat auf Einladung des weißrussischen Außenministeriums die Wahlen beobachtet. Die "Wiener Zeitung" hat den früheren BZÖ-Politiker telefonisch in Minsk erreicht.
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"Wiener Zeitung": Präsident Alexander Lukaschenko hat die Wahlen nach offiziellen Angaben haushoch gewonnen, die Opposition spricht von Betrug. Waren die Wahlen fair oder nicht? Hubert Gorbach: Ich habe ein Dutzend Wahlsprengel beobachtet und kann nur sagen, was ich selbst gesehen habe: Die Stimmabgabe und die Auszählung haben total dem westeuropäischen Niveau entsprochen. Wir haben den Wahlkommissionen genau über die Schulter geschaut.
Viele Weißrussen haben schon vor dem eigentlichen Termin am Sonntag gewählt. Die Opposition sagt, dass es hier zu Manipulationen gekommen sei. Haben Sie auch das Geschehen vor dem Wahlsonntag verfolgt?
Nein, in den Tagen vor dem Wahlsonntag war ich nicht in Weißrussland, dazu kann ich nichts sagen.
Wie war das Wahlergebnis in den von Ihnen beobachteten Sprengel?
Lukaschenko hat etwa 70 Prozent der Stimmen bekommen, das entspricht der Dimension des Gesamtergebnisses. Die oppositionellen Liberalen haben nur etwa zwei Prozent bekommen. Nach meiner Beobachtung hat den Menschen das Wählen große Freude bereitet, es herrschte eine Stimmung wie bei einem Volksfest. Oft ist die ganze Familie gekommen, mit den Enkeln und dem Hund. Eine derartig hohe Wahlbeteiligung würde man sich oft auch für den Westen wünschen.
Haben die Menschen vielleicht nur gewählt, weil sie Angst hatten, andernfalls als "unpatriotisch" abgestempelt zu werden?
Nein, den Eindruck hatte ich überhaupt nicht. Es herrschte eine ehrliche Freude.
Die Opposition klagt, dass man vor der Wahl so gut wie keinen Zugang zu den Medien gehabt habe, während Lukaschenko täglich mehrmals abgefeiert wurde.
Das ist auch in westlichen Ländern oft so, dass die Regierenden einen besseren Zugang zu den Medien haben. In vielen Bereichen herrscht aber tatsächlich Nachholbedarf. Wobei in puncto Menschenrechten und Möglichkeiten der Opposition ein großer Schritt nach vorne gelungen ist.
Nach den Wahlen ist es in Minsk zu Ausschreitungen gekommen, Oppositionelle haben demonstriert, viele wurden verprügelt. Was sagen Sie dazu?
Ich sage das jetzt ganz wertfrei: Die Leiterin der Wahlkommission hat heute bei einer Pressekonferenz erzählt, dass Demonstranten versucht haben, die Wahlzentrale zu stürmen. Fensterscheiben seien dabei zu Bruch gegangen. Ich bin überzeugt, dass es ein Recht auf Selbstverteidigung gibt. Es ist außerdem ein Grundprinzip der Demokratie, dass Mehrheiten zu akzeptieren sind. Ich habe gehört, dass die Demostrationen so vorgesehen waren, egal, wie das Wahlergebnis ausfällt.
Haben Sie nach der Wahl auch mit Vertretern der Opposition gesprochen?
Nach der Wahl nicht, aber in den Wahlkommissionen sind auch Oppositionelle gesessen, die konnten ebenfalls keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Der ganze Ablauf der Wahlen war super, die Organisation auch.
"Der ganze Ablauf der Präsidentenwahl war super, die Organisation auch."