Die Medienpolitik der seit Sonntag vergilbten absoluten Rathaus-Mehrheit in Wien wird zum Rätsel. Hat sie einen anderen Zweck gehabt als Geldausgeben?
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Die vorauseilende Dienstfertigkeit, mit der Boulevardmedien schon seit Monaten unterschwellig und auch offen Stimmung für Wiens Bürgermeister Häupl und seine SPÖ machten, stellt sich in ihrer Wirkung als heiße, aber teuer produzierte Luft heraus. Am Wahlsonntag ist für die regierende Partei nichts besser, sondern alles schlechter geworden. Der auffallend muntere Fluss von teuren Inseraten, die von der Stadt Wien und ihr nahe stehenden Wirtschaftsunternehmen zu wohlwollenden Zeitungsprodukten gelenkt wurde, war offenbar für die Jetti-Tante.
Der Geldstrom hatte erst wenige Wochen vor der Gemeinderatswahl eine Art offizielle Beschreibung bekommen. Hans Gasser, Herausgeber des "Wirtschaftsblatts", hielt es in seiner neuen Funktion als Präsident des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ) für angebracht, die Dinge beim Namen zu nennen und klarzumachen, dass hinter den Geldflüssen politische Beeinflussung stecken dürfte: "Genau in dieser verzerrenden und nicht objektiven Vergabepolitik kann die hintergründige Absicht der Beeinflussung nie ausgeschlossen werden." Es dürfe nicht so weit kommen, dass zwischen Politik und Medien Deals nach dem Motto "Sie wünschen, wir schreiben" getroffen würden. Er äußerte sich dem Autor dieser Zeilen gegenüber in der Medienfachzeitschrift "Journalist".
Inzwischen ist das Thema nicht zuletzt durch innenpolitische Ereignisse zum Selbstläufer bis hinein in die "Standard"-Kolumne "Blattsalat" geworden, in welchem der SPÖ ironisch geraten wird, Bakschisch an Zeitungen künftig nur noch mit einer "Geld-zurück-Garantie" auszuzahlen.
Der Zeitungsverband hat in einer Vorstandssitzung die Forderung an die Regierung verabschiedet, dass Zuwendungen an Medien künftig aufgeschlüsselt und laufend bekanntgegeben werden sollten, weil es sich um Steuergelder handle. Nach Auskunft des VÖZ wurden darüber bereits Gespräche mit Medienstaatssekretär Josef Ostermayer geführt. Viel ist das noch nicht, aber auch die "Krone" trägt den am 28. September gefassten VÖZ-Beschluss mit.
Hans Gasser befindet sich mit seiner Polemik gegen die Herabstufung ehrlicher Information zu einer käuflichen Dienstleistung auf einem heiklen Terrain, um nicht zu sagen im Glashaus. Er bezieht sich erkennbar auf drei Zeitung mit hoher Auflagenzahl: die "Kronen-Zeitung", die U-Bahn-Zeitung "Heute" und Wolfgang Fellners "Österreich". Für die Gratiszeitungen "Heute" und "Österreich" ist er als Präsident des Zeitungsverbandes gar nicht zuständig, aber die "Krone" ist Verbandsmitglied. Das ist das Glashaus beziehungsweise der heiße Brei.
Somit wettert Gasser auch nicht gegen sie, sondern gegen die intransparente Geldverteilungspolitik staatlicher und halbstaatlicher Stellen und hat für die "Krone" lediglich einen kaufmännischen Rat: "Würden derartige Deals in den Medien wiederholt zu einer unsichtbaren inhaltlichen Verzerrung führen, dann ist es für ein dem VÖZ angehörendes Medium nur eine Frage der Zeit, bis dieses Geschäftsmodell beim Leser auf Ablehnung stößt."
Es geht nicht alles genau so, wie man es prophezeit. Das Geschäftsmodell ist am Sonntag nicht bei Zeitungslesern, wohl aber bei den Wählern auf Ablehnung gestoßen. Was deutlich zeigt, dass sie durchschauen, wo die eigentlichen Manipulationsversuche stattfinden.
Der Autor ist Sprecher der "Initiative Qualität im Journalismus"; zuvor Wirtschaftsblatt, Presse und Salzburger Nachrichten.