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Die wahren Schulprobleme

Von Ernst Smole

Gastkommentare

Warum die Kopftuchdebatte nicht sinnlos ist.


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Die Gründe für Österreichs Schulprobleme sind schwer durchblickbar. Die Gefahr unzutreffender Diagnosen ist beträchtlich. Die aktuelle Kopftuchdebatte darf nicht von den wirklichen Problemen ablenken. Früher galt Lehrer als "schönster Beruf der Welt". Und heute? Negativschlagzeilen am laufenden Band: Gewalt gegen Lehrer, teils rechenunfähige Maturanten, 40 Prozent nicht berufs- und ausbildungsfähige Pflichtschulabgänger mit Schwächen bei Lesen, Schreiben, Rechnen, Arbeitshaltung, Paktfähigkeit und Kommunikation, als Folge ein massiver, standortgefährdender Fachkräftemangel. Auch Gewalt an Frauen wird teils den Schulen angelastet, zu lange wären diese mit Problemen alleine gelassen worden.

Was haben all diese Defizite der Schule mit dem Kopftuch zu tun? In zahlreichen Kontakten zu Lehrern, die sich in der Bildungsentwicklung ergeben, ist die Interkulturalität, und damit auch die Kopftuchdebatte, immer wieder ein Thema, zu dem belastbare Fakten fehlen. Umso wichtiger ist es, das reflektierte Erleben jener genau zu betrachten, die tagtäglich an der "Klassenfront" tätig sind. Und da ergeben sich zahlreiche Übereinstimmungen:

Kein einziges der oben genannten Probleme wird durch das Kopftuch verschuldet. Daher kann ein Kopftuchverbot keines dieser gravierenden Probleme lösen.

Die Gründe, warum Mädchen welchen Alters auch immer Kopftuch tragen, reichen von Freiwilligkeit bis Zwang.

Schülerinnen mit Kopftuch sind keine potenziellen Störfaktoren im Schulalltag.

Kopftuchträgerinnen erbringen in der Regel zumindest durchschnittliche Schulleistungen.

Ein Kopftuchverbot würde nach einhelliger Einschätzung reflexions- und differenzierungsfähiger Lehrer die Kulturkonflikte innerhalb der Familien massiv verschärfen, und die Leidtragenden wären erst wieder die Mädchen. Frust und ein Absinken der Lernleistungen wären die Folge. Das kann niemand wollen.

Kopftuch und Minirock

"Ich lasse mich von niemandem gegen meinen Willen ausziehen", beschied mir jüngst eine mitteleuropäisch geprägte, deutschsprachige Kopftuchträgerin. Welche Frau aus unserer österreichischen Wertegemeinschaft lässt sich von wem auch immer dazu zwingen, sich gegen ihren ausdrücklichen Willen im Supersuperminirock in der Öffentlichkeit zu zeigen? Keine! Sie empfindet das erzwungene Entblößen ihrer unteren Körperhälfte in gleicher Weise als erniedrigend wie andere das Entblößen ihres Haupthaares. Ist dies wirklich so schwierig zu verstehen und zu akzeptieren?

Ist die Kopftuchdebatte sinnlos? Nein, weil sie den Blick spiegelbildlich auch dorthin lenkt, wo Schule beglückend funktioniert. Es gibt nämlich auch Lehrpersonen an berüchtigten Brennpunktschulen, für die das Unterrichten trotzdem ein Traumberuf ist. Und Lehrer, die freiwillig und mit Begeisterung Klassen ohne deutschsprachige Kinder übernehmen, findet man viel öfter als vermutet. Was diese Lehrpersonen eint: Sie sind dank konsequenter Arbeit an sich selbst und durch eine große Empfänglichkeit für Feedbacks fachlich und menschlich im besten Sinne "stark" - und sie sehen ihre Arbeit durch keinerlei Kopftuchprobleme beeinträchtigt.