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Die Wahrheit liegt in den Zahlen

Von Stefan Melichar

Wirtschaft
Aus ihren gesammelten Daten können Firmen auffällige Tendenzen erkennen. Foto: bbox

Arithmetica-Chef Krischanitz: Daten der Unternehmen effizienter nutzen. | "Ab dreißig Mitarbeitern kann der Chef nicht mehr alles sehen." | Wien. Sie existieren in jedem Unternehmen zu Tausenden - die Frage ist, ob und wie man sie nutzt: Die Daten, die Firmen in all ihren Bereichen über die Jahre fast schon automatisch anhäufen, werden oft nicht optimal eingesetzt, meint Christoph Krischanitz, Chef des Beratungsunternehmens Arithmetica. Der Versicherungs- und Finanzmathematik-Experte ortet hier Geschäftspotenzial für seine Branche.


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"Je größer ein Unternehmen, desto mehr Daten werden gesammelt", so Krischanitz zur "Wiener Zeitung". Aber auch, wenn ein Unternehmen nur über wenig Daten verfügt, würden diese selten vollständig und effizient genutzt.

Nicht nur Großbetriebe

Um Informationen aus den nackten Zahlen herauszufiltern, würden sich viele Firmen damit begnügen, ein Computersystem zu kaufen, das jedoch nicht auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sei. "Das ist, wie wenn man zum Apotheker geht statt zum Arzt", meint Krischanitz. Den besten Durchblick bei Zahlen und bei aus diesen abgeleiteten Wahrscheinlichkeiten hätten Mathematiker aus Fleisch und Blut.

Als ein wichtiges Einsatzgebiet sieht der Arithmetica-Chef den Personalbereich. Bereits ab dreißig Mitarbeitern könne ein Chef nicht mehr jedes Detail im Blick haben. Krischanitz empfiehlt deshalb auch kleineren Unternehmen, auswertbare Mitarbeitergespräche zu führen. Personalfluktuationen sollten dahingehend analysiert werden, ob es auffällige Tendenzen gibt - etwa, ob Mitarbeiter mit ähnlichen Eigenschaften gehäuft die Firma verlassen.

Größere Unternehmen können zum Beispiel ermitteln, wie viele Mitarbeiter bereits nach drei Monaten das Handtuch werfen. Daraus wären Rückschlüsse auf das Betriebsklima möglich, meint Krischanitz. Auch die Gehaltsstruktur müsse beachtet werden, um Ungerechtigkeiten und daraus entstehenden Problemen zu begegnen.

Strategische Planung

Gerade, was die strategische Personalplanung anbelangt, sieht der Arithmetica-Chef ein breites Betätigungsfeld für Versicherungsmathematiker im Zusammenspiel mit Personalberatern. Nicht nur Großunternehmen, sondern auch Klein- und Mittelbetrieben würde es gut anstehen zu analysieren, wie ihre Arbeitnehmerstruktur in fünf Jahren aussehen wird: Passen Altersstruktur, Geschlechterverhältnis, Akademikerquote und andere Parameter dann noch? Stimmt dies mit den angestrebten strategischen Zielen überein? Welche Konsequenzen muss ein Unternehmer ziehen, der seine Produktion verändern oder neue Dienstleistungen anbieten möchte? Es reiche nicht, einfach "den Tag X" kommen zu lassen, so Krischanitz. Die Firmen müssten rechtzeitig ihr Recruiting sowie Ausbildungsmaßnahmen genau auf den künftigen Bedarf abstimmen.

Doch nicht nur in Bezug auf das eigene Personal verfügen Unternehmen über Unmengen an Daten, auch was die Kunden anbelangt, gibt es in vielen Fällen Zahlenmaterial, das beackert werden kann. Für einen chemischen Betrieb analysiere man gerade die Kundenentwicklung, erzählt der Arithmetica-Chef. Mit Hilfe von Stornoanalysen soll herausgefunden werden, wie Kundenabgänge einzubremsen wären. Untersucht wird unter anderem, wie oft verloren gegangene Kunden - hier handelt es um weiterverarbeitende Firmen - zuvor von Vertretern besucht worden sind und wie sich die Preise für die einzelnen Kunden verändert haben.

Doch auch bei Unternehmen, die mit Privatkunden zu tun haben, ortet Krischanitz Analysepotenzial. Zum Beispiel im Banken- und Versicherungsbereich gebe es Kundendaten, aus denen man klare Strukturen erkennen könne.