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Die Wahrheit sollte immer zumutbar sein

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Die Hilfs-, Rettungs- und Sicherungspakete für Banken, die in den letzten Tagen und Wochen rund um den Erdball geschnürt wurden, sind eine zwiespältige Angelegenheit: Einerseits sollen sie Sicherheit geben, andererseits bleibt für den Beobachter oft ein schaler Nachgeschmack: Ist es wirklich so schlimm?


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Somit laufen diese wichtigen Aktionen Gefahr, das Gegenteil von dem zu bewirken, was sie erreichen sollen. Statt Vertrauen bleibt Verunsicherung zurück.

Kein "Rettungspaket", sondern Absicherung

Ähnliches droht dem Maßnahmenpaket, das am Montag vorgestellt wurde. Nicht von ungefähr beeilte sich Finanzminister Wilhelm Molterer zu betonen, dass es sich um "kein Rettungspaket" handle. Die heimischen Banken seien nach wie vor sicher; die Maßnahmen dienten nur als flankierende Absicherung, um das Vertrauen der Banken untereinander wiederherzustellen.

Was kostet Vertrauen? Seit Montag wissen wir: In Österreich bis zu 100 Milliarden Euro. Oder, anschaulicher: 100.000.000.000 Euro. Die gute Nachricht: Der Steuerzahler wird von diesem Betrag im Idealfall gar nichts und im schlimmsten Fall nur einen Bruchteil zu begleichen haben.

Warum? Weil es sich beim größten Teil der Summe - 85 Milliarden Euro - um keine Zahlung, sondern um eine Garantie handelt. Diese betrifft einen Bankenbereich, mit dem Otto Normalanleger nie zu tun hat. Dieser "Interbankenmarkt" ist aber für die Institute selbst wichtig wie der Sauerstoff zum Atmen: Trocknet dieser Markt aus, dann japsen die Banken wie ein Fisch, der an Land gespült wird.

Wenn die Banken einander nämlich kein Geld mehr leihen, können sie überdies auch weniger Kredite an ihre Kunden ausgeben: Diese "Kreditklemme" trifft alle Unternehmen, die Investitionen tätigen wollen.

Da der Grund für die fehlende Flüssigkeit ein eklatanter Vertrauensmangel ist, tritt künftig der Staat als Garantiegeber auf und schafft Sicherheit: Somit müssen die Institute nicht mehr auf ihrem Geld sitzen, sondern können es wieder untereinander verleihen.

Die restlichen 15 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen, um Banken im Notfall (vereinfacht gesagt) durch eine staatliche Beteiligung aufzufangen. Was mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nötig sein wird.

Dass Österreich mit Ländern wie Frankreich oder Deutschland mitzieht, ist freilich aus Gründen des Wettbewerbs unverzichtbar: Gäbe die Republik den Banken diese Kreditsicherheit nicht, so wären diese im internationalen Wettbewerb benachteiligt, weil sie höhere Risikoaufschläge bezahlen müssten.

Was überrascht ist die Höhe der Beträge: In Summe übersteigen die europäischen Garantien bei weitem das viel zitierte, mehr als 500 Milliarden Euro teure Notfallpaket der USA. Aber Vorsicht: Die Maßnahmen sind nicht vergleichbar - die Amerikaner müssen diese Beträge tatsächlich in die Hand nehmen, um damit ihren Banken faule Kredite abzukaufen.

Offene Kommunikation schafft Vertrauen

Übrigens: Nach der Präsentation des österreichischen Maßnahmenpakets durch Bundeskanzler Alfred Gusenbauer und Finanzminister Wilhelm Molterer waren keine Fragen der anwesenden Journalisten zugelassen. Was nicht gerade zur Vertrauensbildung beiträgt: Das öffnet ungerechtfertigten Spekulationen erst recht wieder Tür und Tor.. .