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Weil es auch um die Einschaltquoten geht, inszenieren manche Fernsehsender die Berichterstattung aus dem Irak als monströses Spektakel, einer gigantischen Sportveranstaltung nicht unähnlich. Doch wenn die Bilder verflimmert sind, fragt sich der Betrachter mit schalem Nachgeschmack nach dem Gehalt des Gesehenen. Trotz Tausender Journalisten vor Ort verfestigt sich der Verdacht, die Welt bekommt nur das zu sehen, was die Kriegführenden zu zeigen bereit sind.
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Seit Tagen darf gerätselt werden, ob die so genannte Koalition der Willigen so gut vorankommt, wie sie versichert, oder ob der Irak tatsächlich die Kraft hat, sich des Angriffs zu erwehren. Als wichtigste Zeugen gelten die 500 Berichterstatter, die "embedded" (eingebettet) im Tross einer Einheit der US-Streitkräfte unterwegs sind. Doch scheint die Frage nach der Glaubwürdigkeit ihrer Reportagen berechtigt, wenn man weiß, dass jeder Frontreporter dem Pentagon schriftlich versichern muss, keine "der Sicherheit und dem Erfolg des Einsatzes abträglichen" Informationen zu verbreiten.
Von Geschichtsphilosoph Oswald Spengler stammt das Zitat: "Was ist Wahrheit? Drei Wochen Pressearbeit, und alle Welt hat die Wahrheit erkannt. Ihre Gründe sind so lange unwiderlegbar, als Geld vorhanden ist, sie ununterbrochen zu wiederholen." Das Geld ist vorhanden - auf beiden Seiten. Experten sind sich sicher, dass hier wie dort Spezialisten daran arbeiten, der Öffentlichkeit gezielte und, wo notwendig, gefälschte Informationen zuzuspielen. Die Berichte der "embedded journalists" jedenfalls unterliegen insgesamt 50 strengen Regeln. Und das letzte Wort hinsichtlich dessen, was gesendet wird und was nicht, hat die US-Kommandozentrale in Katar.
"Krieg und totale Herrschaft lassen Wahrheit nicht zu", schrieb der Philosoph Karl Jaspers. Das gilt wohl noch immer. Unmittelbar vor dem letzten Golfkrieg berichtete eine kuwaitische Krankenschwester spektakulär über die bestialische Misshandlung von Säuglingen durch irakische Besatzer. Eine PR-Agentur stellte die Szenen nach und produzierte einen schockierenden Film. Die entsetzte Reaktion der Weltöffentlichkeit trug damals mit dazu bei, den Weltsicherheitsrat zum Krieg gegen den Irak zu bewegen. Die angebliche Krankenschwester jedoch entpuppte sich als Tochter des kuwaitischen Botschafters in Washington, die ganze Geschichte war eine Fälschung.
Nachrichten-Verfälschung
Verfälschung von Nachrichten und die Unterdrückung missliebiger Informationen waren auch den NATO-Kommandierenden im Kosovo-Krieg nicht fremd.
Die zu Propagandazwecken übertriebenen Gräuel des "Massakers von Racak" sowie der vom damaligen deutschen Verteidigungsminister Rudolf Scharping verteufelte, in Wahrheit aber eher harmlose "Hufeisen-Plan" der Serben hatten erst die Stimmung geschaffen, in der ein NATO-Angriff politisch möglich wurde.
Wenige Wochen später verhinderten Medienzensoren der Allianz die europaweite Ausstrahlung der Bilder Dutzender, von NATO-Bomben zerfetzter Zivilisten.
Manipulation
Manipulation ist auch heute eine Begleiterin des Kriegs. ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner etwa berichtete am Montag telefonisch aus Bagdad, es gebe viele Beispiele für gezielte Fehlunterrichtung: "Die USA operieren mit dem Mittel der Übertreibung und der Falschinformation", um die Iraker mit Hilfe westlicher Medien zu verwirren. Irakische Stellen dagegen böten oft nur "Segmente der Wahrheit". Diese hielten einer Überprüfung in der Regel jedoch stand.