)
Nach dem Bersten der Technologie blase 2001/02 kam es zur verstärkten Emission von Wandelanleihen - in der jetzigen Krise spricht vieles für einen ähnlichen Trend.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 15 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Prinzip der Wandelanleihen (Englisch: convertibles) ist einfach: Anleger borgen Unternehmen Geld, für das sie einen fixen Zinssatz erhalten und welches zu einem späteren Zeitpunkt hoffentlich als Aktienanteil Dividenden bringt und gemeinsam mit dem Kurs des Unternehmens im Wert gestiegen ist.
Für Unternehmen ist diese Finanzierungsform in Nachkrisenzeiten besonders attraktiv, da Aktienkurse an den Börsen niedrig sind und Unternehmen ihre Aktien billig abgeben müssten, um an Kapital zu kommen. Andererseits müssen sie bei der Ausgabe von Wandelanleihen aber auch weniger Zinsen zahlen als bei der Emission von normalen Unternehmensanleihen, da Anleger bei Wandelanleihen die Option bekommen, später vom wieder gestiegenen Aktienkurs zu profitieren.
Nicht nur Hedgefonds
"Der Neuemissionsmarkt ist seit Frühling dieses Jahres wieder stark angelaufen, nachdem er vor einem Jahr mehr oder weniger geschlossen war", erläutert Gianluca Biggi, Manager eines Wandelanleihenfonds beim auf diese Anlageform spezialisierten Vermögensverwalter Jefferies. Im September und Oktober mussten viele Hedgefonds, die sehr stark in diese Anlageklasse investiert waren, ihre Anteile rasch verkaufen, um ihre Liquidität zu steigern und ihren Fremdfinanzierungsanteil (Leverage) zu verringern.
Mittlerweile habe sich jedoch das Bild beinahe völlig umgekehrt, und Hedgefonds bilden nur mehr den kleineren Teil der Investoren. Der Rest sind sogenannte "traditionelle Anleger", die nicht mit Leerverkäufen arbeiten, also nicht mit dem Wertverlust von Aktien spekulieren.
"Wir gehen davon aus, dass der Trend zu mehr Neuemissionen von Wandelanleihen anhält. Es gibt derzeit sehr attraktive Neuemissionen", so Biggi weiter. Weltweit sind derzeit rund 488 Mrd. US-Dollar (324 Mrd. Euro) in Wandelanleihen angelegt, und im ersten Halbjahr 2009 hat ein diversifiziertes Wandelanleihenportfolio einen Wertzuwachs von 25 Prozent und mehr erzielt.
"Markt ist sehr billig"
Das sogenannte "Delta" liegt derzeit bei 0,4. Das bedeutet, dass die Wandelanleihe 4 Prozent an Wert gewinnt, wenn der Aktienkurs des Unternehmens um 10 Prozent steigt. Die Rendite, die erzielt werden kann, wenn die Anleihe bis zum Ende der Laufzeit gehalten wird (auch: "held to maturity"), lag für das erste Halbjahr bei 5 Prozent. "Das ist im historischen Vergleich sehr attraktiv, und der Markt ist nach wie vor sehr billig - es ist ein guter Einstiegszeitpunkt", ist Biggi überzeugt.
Die gute Performance ergibt sich aus der Erholung des Marktes nach dem Einbruch im letzten Quartal 2008, in dem keine Käufer, sondern nur mehr Verkäufer für Wandelanleihen am Markt waren. "Das führte dazu, dass es keine rationale Bewertung der Anlageform mehr gab, aber der Markt hat sich wieder erholt", erklärt Biggi.
Er fügt hinzu, dass Wandelanleihen auch für längerfristige Investoren eine gute Beimischung darstellen, da sie sowohl Schutz gegen reale Verluste bieten als auch hohe Renditemöglichkeiten. Wie bei jeder Anleihe ist die Auszahlung des eingesetzten Kapitals am Ende der Laufzeit garantiert. Eine vorzeitige Umwandlung in einen Aktienanteil macht insofern keinen Sinn, als sich der Investor dadurch der Gefahr aussetzt, durch Schwankungen an den Börsen das eingesetzte Kapital zu verlieren.
Zu Verlusten kann es bei einer ungünstigen Marktentwicklung auch bei sogenannten Pflichtwandelanleihen kommen. Bei diesen erfolgt die Umwandlung in einen Aktienanteil zu einem bestimmten Zeitpunkt automatisch.