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Die Warnung

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Europas Jugend droht ein verlorenes Jahrzehnt, warnte die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, vor wenigen Wochen. Rechtsradikale Inhalte kommen gut an bei immer mehr Jugendlichen, so jüngste Umfragen. Nun lässt sich politisch trefflich streiten, ob diese beiden Aussagen miteinander zu tun haben. Die Geschichte Europas jedenfalls beantwortet sie mit ja. In Deutschland treten rechtsradikale Parteien wie die NPD als sogenannte "Kümmerer" auf: Sie sorgen in ländlichen und unterentwickelten Bezirken für Nahversorgung: Besorgen den Einkauf, holen die Post, fahren ältere Menschen in die nächste größere Stadt. Und Österreichs rechte Szene holt sich Ezzes bei der deutschen, so die Aussage von Verfassungsschützern.

Auch in Österreich wird - aus Kostengründen - die Infrastruktur außerhalb der ländlichen und städtischen Ballungszentren ausgehöhlt. Nahverkehr wird bis zum Rande der Unerreichbarkeit eingeschränkt, Greißler sperren zu, das Postamt, die Polizeiwache. Was kommt als Nächstes? Keine Handy-Verbindung mehr, weil kein Deckungsbeitrag für diese Investition erwirtschaftet wird?

Und wer wird in Zeiten der Schuldenbremse in dieses Vakuum stoßen?

Auch die heimische Politik hat es bisher - mit Ausnahme der FPÖ - verabsäumt, sich mit den Folgen der Krise zu beschäftigen. Die vor uns liegenden Jahre des ausbleibenden Wirtschaftswachstums und fehlender Budgeteinnahmen werden die Infrastruktur weiter aushöhlen, die Ausbildungsplätze reduzieren, Job-Angebote auf die Ballungszentren konzentrieren.

Alles nicht so dramatisch wie in Spanien und Griechenland, aber - wie die Geschichte bewies - in Österreich genügen auch harmlosere Entwicklungen, um den Weg nach ganz weit rechts zu beschreiten. Davon ist dieses Land weit weg. Doch die Regierungsparteien und die Grünen sollten sich bei allem Feuereifer für die Schuldenbremse ernsthafter Gedanken machen, wie verhindert werden kann, verwahrloste Gegenden wie im Osten Deutschlands entstehen zu lassen. Was sich dort an rechter Gewalt abspielte, gibt es theoretisch auch in Österreich - in Schriften und Wirtshausgesprächen. Das ist unerträglich genug, doch daraus Realität werden zu lassen, wäre ein Verbrechen.