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Belgrad - Gestern noch enge Verbündete im Kampf gegen Slobodan Milosevic - heute Gegner: Die politische Freundschaft zwischen dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica und dem serbischen Regierungschef Zoran Djindjic ist merklich abgekühlt, das machte der Streit um die Überstellung des einstigen starken Mannes vom Balkan nach Den Haag nur allzu deutlich. Am Wochenende lieferten sich die einstigen Weggefährten Wortgefechte, die auch ihr künftiges Verhältnis belasten werden.
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Kostunica kritisierte Djindjic wegen der Milosevic-Auslieferung nach den Haag scharf. Es sei eine "unverantwortliche Entscheidung". Durch den "eigenmächtigen Schritt" werde die verfassungsmäßige Ordnung Jugoslawiens bedroht. Djindjic gab indirekt zu, Kostunica nicht offen informiert zu haben. Gleichzeitig erinnerte er aber daran, bei mehreren Treffen des 18-Parteien-Bündnisses DOS sei einstimmig "gegen Isolierung und Rückschritt" entschieden worden. "Wie kann es da sein, dass von 18 Parteien eine einzige (Kostunicas DSS) nicht verstanden hat, was gesagt wurde?", fragte er ironisch.
Tatsache ist, dass sich zwischen Kostunica und Djindjic in den vergangenen Monaten regelrechtes Misstrauen breit gemacht hat.
Kostunica ist ausgebildeter Jurist, bekannt für seine Integrität in Rechtsfragen und sein Bemühen um strikten Respekt im Namen der Würde des Landes und im Namen der Gesetze, die seiner Ansicht nach "so lange verhöhnt wurden". Dem Westen, der Jugoslawien nach seinem Geschmack allzu gerne Ratschläge erteilt, begegnet er distanziert. Die Einrichtung eines UNO-Kriegsverbrechertribunals für Jugoslawien hat er nie ganz verdaut, für ihn ist die Institution "parteiisch und politisch motiviert".
Djindjic hingegen lässt sich in seiner Politik einzig von pragmatischen Überlegungen leiten. Sein Ziel: Das Land so rasch wie möglich aus der politischen und wirtschaftlichen Isolation führen, in die es das Milosevic-Regime für mehr als ein Jahrzehnt gezwungen hatte. In einem solchen Kontext ist die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal unumgänglich.
Als es gegen Milosevic ging, machten Kostunica und Djindjic noch gemeinsame Sache. Im Sommer 2000 gründeten sie zusammen die DOS, die einzig zum Ziel hatte, den Alleinherrscher zu stürzen. Im Laufe der Monate vertiefte jedoch der wachsende Druck des Haager Tribunals die Gegensätze, die auch bei anderen Themen zwischen den beiden führenden Reformpolitikern deutlich wurden. Nun hat Staatschef Kostunica alle Hände voll zu tun, das Überleben eines Staates zu sichern.
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