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Immer mehr arme Länder stehen vor der Pleite. Der Westen ist nicht gerüstet.
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Die Überprüfung des mehrjährigen EU-Finanzrahmens zur Halbzeit ist im Regelfall nur etwas für eingefleischte Aficionados, die sich auch gerne mit Detailänderungen auseinandersetzen. Doch diesmal ist das anders. Statt kleiner Anpassungen liegt nun auf einmal die Forderung an die Mitgliedstaaten auf dem Tisch, das 2020 für sieben Jahre beschlossene EU-Budget von 1,1 Billionen Euro nochmals um 66 Milliarden Euro aufzustocken. Der Krieg in der Ukraine, die Herausforderungen in der Migrationspolitik und der Kampf gegen die Klimakrise haben selbst in einer der reichsten Regionen der Welt das Geld knapp werden lassen.
66 Milliarden Euro sind auch für die EU-Staaten alles andere als Peanuts, doch die Summe wird sich nach zähen Verhandlungen wohl stemmen lassen. Die meisten anderen Länder können von einer solchen finanziellen Stärke selbst in Krisenzeiten hingegen nur träumen. Vor allem in Staaten mit mittleren und niedrigen Einkommen hat die Kombination aus steigenden Zinsen, teurer Energie und in die Höhe schießenden Lebenshaltungskosten zu einer massiven Zunahme der Schuldenbelastung und einer nachhaltigen Erosion staatlicher Budgets geführt. Einige Länder wie Äthiopien, Sri Lanka oder Sambia stehen bereits unmittelbar vor der Pleite.
Dass es so weit gekommen ist, hat aber nicht nur mit gestiegenen Zinsen, hoher Inflation oder hausgemachten Problemen zu tun. Mittlerweile zeigt sich auch, dass Formate wie die G20 oder die Bretton-Woods-Institutionen Weltbank und IWF immer weniger in der Lage sind, die nötigen Impulse zu setzen, um strauchelnden Staaten bei der Bekämpfung der Armut und der Bewältigung der Klimakrise zu helfen. So zahlen Entwicklungsländer immer noch hohe Zinsaufschläge, wenn sie sich Geld borgen, die angestoßenen Umschuldungsprogramme kommen oft nur quälend langsam voran.
Dabei könnte der einfachere und günstigere Zugang zu Krediten, den viele Entwicklungsländer nun im Vorfeld einer Konferenz mit 50 Staats- und Regierungschefs in Paris fordern, nicht nur die Überschuldungsprobleme lösen. So wird in vielen Ländern Afrikas auch deshalb wenig in erneuerbaren Energien investiert, weil es oft nicht genügend staatliche Anschubfinanzierungen gibt, ohne die selbst in reichen Ländern kaum etwas in Bewegung kommt. Den Hebel für das so dringend notwendige Anlocken von privatem Kapital bereitzustellen, ist dabei auch im Interesse der westlichen Staaten, die Weltbank und IWF nach wie vor dominieren. Denn wenn die EU und die USA nicht zur Stelle sind, ist es China auf alle Fälle.