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Die Wiederentdeckung der Dörrbirne

Von Christina Weniger

Wirtschaft

Vor rund drei Jahren überlegte im steirischen Pöllau ein junger Landwirt, wie er nach dem EU-Beitritt Österreichs und dem damit verbundenen Wegfall des geschützten Marktes das Überleben seines | Kleinstbetriebes und seiner Familie sichern könnte. Auch wenn die Landwirtschaft nur klein war und wenig Ertrag abwarf, aufgeben wollte sie der ehemalige Fabrikarbeiter und Fernfahrer Manfred | Hohensinner aber nie.


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Und schließlich entwickelte er die Idee, einer Spezialität, nämlich der Dörrbirne - im Volksmund "Kletzn" genannt - wieder zum Durchbruch zu verhelfen.

Im Betrieb gebe es seit Generationen einen kleinen Dörrofen, der zum Trocknen von Flachs, Zwetschken und Birnen verwendet worden war, erklärte er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Besonders

die Dörrbirnen waren früher als wirkungsvolles Hausmittel bekannt und beliebt, die Produktion war jedoch schwierig. Doch genau in diesem Produkt sah Hohensinner seine Chance. Er wollte den Dörrbirnen

qualitativ wieder zu Rang und Namen verhelfen. Sie sollten ihren angestammten Platz im Bereich der gesunden und noch dazu wohlschmeckenden Nahrungsmittel wieder einnehmen. Einziges Problem war der -

noch - fehlende Markt.

Also kontaktierte er Unternehmen aus dem Lebensmittelbereich und bot ihnen sein Produkt an. Seinen ersten Vertrag hatte er 1997 in der Tasche: Der Vorarlberger Großbäcker Ölz wollte 30 Tonnen

Dörrbirnen - Hohensinners Jahresproduktion lag jedoch nur bei 4 Tonnen. Also stampfte der Einzelunternehmer innerhalb von sechs Monaten eine moderne Trockenanlage aus dem Boden. Mitte August lieferte

er die gewünschte Menge an Ölz. Noch im selben Jahr kam die Lebensmittelkette Spar dazu und Hohensinner wurde zum Dörrbirnen-Alleinlieferanten für beide Unternehmen. Aus dem ehemaligen

Einzelunternehmer ist heute eine GmbH geworden. Mit zwei Partnern, die ebenfalls jeder eine hochmoderne Trockenanlage betreiben, verarbeitet Hohensinner rund 40 Tonnen Grünbirnen pro Woche, also etwa

800 Tonnen in der Saison, die von Mitte August bis April dauert. In dieser Zeit sind 20 Mitarbeiter beschäftigt. Die restliche Zeit stehen die Anlagen still, die Apfel- oder Pflaumentrocknung

rentiert sich nicht, da die Billigkonkurrenz aus dem Ausland zu groß ist. Heuer gehen rund 45 bis 50% der Produktion in den Export nach Deutschland und in die Schweiz. Der Jahresumsatz liegt bereits

bei rund 10 Mill. Schilling.

Doch damit gibt sich Hohensinner nicht zufrieden. Ein Produkt als Standbein sei zuwenig, überlegte er, und tüftelte an passenden Folgeprodukten. Im Herbst werden sie auf den Markt gebracht: Das

"Kletzn Mandl", ein Birnenbrand auf Dörrbirnenbasis, und ein Naturcocktail aus Dörrbirnen, Milch und Birnenbrand, genannt "Dörri".

Außerdem wollen Hohensinner und seine Partner im Herbst auch der Gastronomie ihre Produkte anbieten und den Markt im Ausland ausbauen.