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Die Wiedergeburt der Luxuszüge

Von Franz Steinbauer

Wirtschaft
Die russische Bahn setzt auf Kunden, die Fahrten im Geist des Orientexpress unternehmen wollen.
© RZD

RZD-Chef Jakunin: "Müssen mit Bussen und Flugzeugen in Konkurrenz treten." | Wien. Verkörpert das Auto Freiheit, so ist das Flugzeug mittlerweile zum Symbol für Reisen geworden. Das könnte sich jedoch schon bald wieder ändern. Pompös eingerichtete Eisenbahnzüge, wie es sie noch vor einigen Jahrzehnten gab, könnten auch für den Massenmarkt eine wahre Renaissance erleben.


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Als einer der wichtigsten Spieler für das Luxussegment bringt sich die russische Bahn RZD in Stellung: Was bisher in Europa meist privaten Nischenanbietern vorbehalten ist, könnte für die RZD ein einträgliches Geschäft werden. Die Verbindung Moskau-Nizza wird erstmals seit 1914 wieder bedient - ohne Umsteigen. Die Fahrzeit für die 3318 Kilometer lange Strecke beträgt rund 50 Stunden und weckt Erinnerungen an den legendären Orientexpress. Es handelt sich bei dem russischen Zug um die derzeit wohl längste Direktverbindung auf dem europäischen Kontinent. Ein Teil der Strecke wird in Österreich zurückgelegt, der Zug hält auch in Wien. Tickets für Teilstrecken zu kaufen, ist jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Gut informierten Quellen zufolge steckt die polnische Bahn dahinter, die Konkurrenz für ihr eigenes Fernverkehrsgeschäft befürchtet. Der Fahrkartenverkauf erfolgt gemeinsam mit der französischen Bahn.

Das Angebot richtet sich in erster Linie an betuchte Kunden, für die offenbar der Urlaub schon beim Einsteigen beginnt. Das Zugpersonal spricht nicht nur Russisch, sondern auch Polnisch und Englisch und wurde von der RZD besonders geschult.

Mehr als 1000 Euro für ein Premium-Ticket

Von den insgesamt zwölf Waggons des Zugs ist nur einer für die zweite Klasse vorgesehen. Zusätzlich zu den zwei Restaurants gibt es drei Luxuswagen und sechs Waggons für die erste Klasse. In der Luxuskategorie kostet eine einfache Fahrt (mit großem Bett und eigener Dusche) gut 1000 Euro. Die zweite Klasse ist schon ab 306 Euro zu buchen. Eine Kundenumfrage ergab, dass die Fahrgäste drahtloses Internet in den Abteilen wollen - was von der russischen Bahn für die nahe Zukunft zugesagt wurde. Von Russland kommend fährt man am Donnerstagnachmittag in Moskau ab und kommt am Samstagabend in Nizza an. Der Spurwechsel der Waggons von den breiteren russischen Gleisen auf Schienen mit europäischer Weite stellt kein Problem dar, das Umspuren erfolgt im weißrussischen Brest.

Während andere Bahnen wie die ÖBB in die Defensive gehen, prescht RZD-Präsident Wladimir Jakunin vor. "Wir müssen mit Flugzeugen und Bussen in Konkurrenz treten", erklärte Jakunin bei einer hochrangig besetzten Fachtagung in Wien. Womit die RZD das herrschende Dogma angreift, wonach für Destinationen, die weiter als 400 Kilometer entfernt liegen, den Konsumenten Billigflüge lieber wären.

Bisher wurde das Luxussegment vor allem von Spezialanbietern wie der Wiener Firma Majestic Imperator bearbeitet. Beispielsweise kostet eine Nostalgiefahrt von Wien nach Opatija in Kroatien rund 400 Euro, auch Fahrten nur in Wien sind für Bahnfans möglich.

Auch andere haben den neuen lukrativen Markt bereits entdeckt: So will der private Anbieter EuHoTra ab Ende März einen Hotelzug anbieten. Eine der Routen führt von Basel über Salzburg nach Berlin; geplanter Kostenpunkt: 999 Euro für die viertägige Reise mit drei Übernachtungen im Zug. Vor allem Reisende aus den USA und Asien sollen gewonnen werden, das Unternehmen sucht jedoch noch Vertriebspartner.