Russlands Nachbarn sind auf der Hut. | Moskau. (dpa) Seit der Anerkennung Südossetiens und Abchasiens elektrisiert eine Frage die russische Öffentlichkeit: Kehrt der Kreml nach der faktischen Zerschlagung der territorialen Einheit Georgiens zu alter imperialer Politik zurück? Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner äußerte die Befürchtung, dass Russland nach Georgien auch andere Staaten destabilisieren könnte.
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Präsident Dmitri Medwedew dementierte dies zwar, doch seinen Antworten waren auch Drohungen zu entnehmen: "Als Oberkommandierender der Streitkräfte und als Garant der Verfassung habe ich die Pflicht, das Leben und die Würde unser Bürger zu verteidigen. In manchen Fällen bleibt mir keine andere Wahl, als solche Aktionen durchzuführen", sagte Medwedew nach der Anerkennung der von Georgien abtrünnigen Provinzen.
Besonderes Augenmerk richtet die russische Öffentlichkeit derzeit auf die Halbinsel Krim. Das Ferienparadies aus Sowjetzeiten könnte sich schnell zu einem neuen Krisenherd entwickeln. Da ist zum einen die große russischsprachige Bevölkerungsschicht, die notfalls mit Gewalt einen Nato-Beitritt der Ukraine verhindern möchte. Zum anderen ist im Hafen von Sewastopol laut Vertrag noch bis zum Jahr 2017 die russische Schwarzmeerflotte stationiert. Ebenso wie in Südossetien und Abchasien sollen auf der Krim bereits viele Einwohner mit russischen Pässen ausgestattet worden sein. Auch im von Moldawien abtrünnigen Gebiet Transnistrien hat Russland bis heute Soldaten stationiert.
Sehnsucht nach Größe
Wie brisant der Umgang mit einer russischsprachigen Minderheit im eigenen Land sein kann, bekam das Nato-Mitglied Estland letztes Jahr zu spüren. Die Verlegung eines sowjetischen Denkmals hatte Proteste der russischen Minderheit hervorgerufen, die in Zusammenstößen mit der Polizei gipfelten. Moskau wirft den Balten bis heute eine Diskriminierung der russischen Minderheit vor. Der Moskauer Radiosender "Echo Moskwy" befragte sein Publikum, ob Russland nun seine an Georgien erprobte Außenpolitik auf andere Länder ausweiten solle. 53 Prozent der Hörer wünschten eine neue imperiale Politik Moskaus.