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Die Wiener Neos legen los

Von Ina Weber

Politik
Die Bürger sollen durch Punktevergabe bei Kandidaten für die nächste Wien-Wahl mitbestimmen.
© neos

Die Neos bringen sich in Wien für die Wahl 2015 in Stellung - noch fehlt es aber an Posten und Kandidaten.


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Wien. Beate Meinl-Reisinger, Vorsitzende der Neos in Wien und Stellvertreterin von Neos-Chef Matthias Strolz, präsentierte gestern, Dienstag, den Start der Demokratie-Kampagne der Neos in Wien. In der Neustiftgasse im 7. Bezirk, wo die sogenannte Neosphäre im Dachgeschoß siedelt, zeigte man sich ein Jahr vor der Wien-Wahl gelassen. Und das, obwohl die Landesorganisation gerade dabei ist, sich aufzustellen. Denn noch fehlt es an einem Pressesprecher, an einer Liste und an den Kandidaten. Das ist aber laut Neos kein Versäumnis, sondern der Plan dahinter. Denn Teil des Wahlkampfes wird es sein, dass die Wiener die Kandidaten selbst wählen können.

Sie sind die Neuen. Auch wenn sie kommenden Montag bereits zwei Jahre alt werden. Die Neos, die sich am 27. Oktober 2012 gegründet haben, legten bei der Nationalratswahl im Jahr 2013 einen fulminanten Start hin. In kurzer Zeit schafften sie es, das Land zu mobilisieren, fünf Prozent der Stimmen zu erreichen und damit neun Abgeordnete samt eigenen Klub im Parlament zu stellen. Ein überraschender Erfolg.

Bürger bestimmen Liste mit

Der Fahrplan bis zur Wahl steht nun fest: Derzeit sind in jedem Bezirk rund 15 Mitarbeiter unterwegs. Am 14. November wird ein großes "Stadtlabor" veranstaltet. Das genaue Wien-Programm der jungen Partei wird am 13. Dezember beschlossen. Zeitgleich findet der Aufruf zur Kandidatur statt. Eine Vorwahl gibt es im Jänner 2015 und Anfang März sollte die genaue Liste für die Wahl stehen. Dass das bis zur Wahl - vor allem wenn schon im Juni gewählt wird - knapp werden könnte, sehen die Neos nicht so. Sie wollen ihren Grundsatz, transparent und bürgernah zu sein, auch leben und "das braucht Zeit", sagte der stellvertretende Wien-Chef Stefan Gara. Denn schon wie bereits bei der Nationalratswahl sollen auch diesmal die Bürger die antretenden Kandidaten für die Liste mitbestimmen können. Bei dem dreigliedrigen Vorwahlsystem trifft die Partei zunächst bei Hearings eine Vorentscheidung. Danach werden die Kandidaten online gestellt, wo alle Wiener Punkte vergeben können. Die nächste Reihung wird im Landesteam besprochen. Die fixe Liste wird anschließend in der Generalversammlung verabschiedet.

Ganz ohne Quote will Meinl-Reisinger darauf achten, dass es ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis geben wird. Bei einem ersten inoffiziellen Aufruf habe die Partei bereits 240 Kandidaten zählen können. Insgesamt haben die Neos in Wien derzeit rund 1000 Mitglieder. Angewiesen sind die Neos auf Spenden und Darlehen. "Parteienfinanzierung erhalten wir natürlich noch nicht", so Meinl-Reisinger. "Es ist uns schon klar, dass es ein Kampf David gegen Goliath ist", sagt sie.

Ein faires Wahlrecht, die Öffnung der Bezirksparlamente für die Bürger und eine Verschlankung der "aufgeblähten Polit-Apparate" - das sind die ersten Forderungen der rosa Partei in Wien. Der Bezirksvorsteher sollte direkt von den Bürgern gewählt werden, wie auch der Bürgermeister in den Gemeinden. Der zweite Bezirksvorsteher-Stellvertreter sollte abgeschafft werden. "Allein das spart uns 1,35 Millionen Euro pro Jahr", so Meinl-Reisinger. Auch sollte die Zahl der Bezirksvertreter in einem angemessenen Verhältnis zur Einwohnerzahl stehen. "Derzeit kommt ein Bezirksrat auf 400 oder auf 3000 Bewohner. Je nachdem, in welchem Bezirk er arbeitet. Das müsste angeglichen werden." Und weiters muss laut Meinl-Reisinger die Mindestgröße der Bezirksparlamente von 40 Sitzen gesenkt werden.

Autonome Schule gefordert

Beim Thema Bildung haken die Neos ebenfalls ein. Sie würden den gesamten Stadtschulrat samt Stadtschulratspräsident abschaffen. "Politik raus aus der Schulverwaltung", sagen sie. Die Schulen sollten sich ihre Lehrer selbst aussuchen können. Kontrolliert werden sie nach ihren Vorstellungen von einer staatlichen Kontroll- und Qualitätsagentur. "Derzeit haben die Schulen null Flexibiliät", sagte die Neos-Wien-Chefin. In den anderen Bundesländern müsste man andere Hebel ansetzen. Denn die meisten Lehrer würden natürlich in Wien arbeiten wollen. Und Schulen mit besonderen Herausforderungen, etwa mit vielen Kindern, die nicht so gut deutsch sprechen, oder anderen Inklusionsaufträgen, würden nach Plan der Neos auch mehr Förderung und finanzielle Unterstützung bekommen.

Von den "Sonderbeauftragten" der Stadt, wie etwa für Fußgänger oder Radfahrer, hält die rosa Partei prinzipiell nichts. Diese Agenden sollten nicht ausgelagert und unnötig aufgebläht werden. Auch die Tatsache, dass die großen Parteien pro Wahlberechtigten finanziert werden und nicht nach tatsächlichen Wählern, stößt den Neos auf. Es könne nicht sein, dass die Parteien nichts tun, um Wähler zu mobilisieren und dann dafür noch Geld bekommen.

"Wir sind die Neos" - der von Matthias Strolz verbreitete Satz wirkt noch nach. Auch die Baum-Umarmung im Fernsehen oder die Frage nach dem Sinn des Lebens von Strolz ist im Gedächtnis geblieben. Die Neos stehen damit für Business, Erfolg, aber auch für Lebensqualität mit Hang zur Esoterik. Sie streben einen "Kulturwandel" an, zu mehr Transparenz, Offenheit und Bürgerbeteiligung. Ob es das Wien-Team schaffen wird, wird man sehen. Zunächst muss Meinl-Reisinger aber ihren Auftritt beim "Kaiser" im ORF am 1. November schaffen. Gegen diesen "Kaiser" habe sie sicher keine Chance, sagte sie - gegen den Kaiser im Rathaus dagegen schon.