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Die Wiener SPÖ hat ein Problem

Von Christian Rösner

Politik

Mit dem historischen Tief von unter 30 Prozent in Wien wird es SPÖ-Chef Ludwig 2020 nicht leicht haben. Eine Analyse.


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Mit einem historischen Tief von unter 30 Prozent hat die Wiener SPÖ ein ernstes Problem. Zwar hat die ÖVP in der Bundeshauptstadt nicht im gleichen Ausmaß dazugewonnen wie auf Bundesebene, dennoch fehlen laut den Hochrechnungen nur noch 4 Prozentpunkte auf die Roten. Und die Grünen können sich mit ihren fast 20 Prozent nun selbstbewusster denn je in der Regierungsarbeit und darüber hinaus zeigen. Dass die FPÖ in Wien auf 14 Prozent abgestürzt ist, scheint nur noch ein schwacher Trost für die SPÖ zu sein. Und Überlegungen, wonach die Wienwahl auf das Frühjahr 2020 vorgezogen werden könnten, scheinen hiermit endgültig vom Tisch.

Ein Frontalangriff der Türkisen auf das rot-grüne Wien im Hinblick auf die Wienwahl im Herbst 2020 wird wohl der nächste logische Schritt der ÖVP sein und kann wahrscheinlich nur dadurch ein wenig abgeschwächt werden, dass die ÖVP auf Bundesebene wahrscheinlich nur eine grüne oder eine rote Koalitionsmöglichkeit haben wird. Abgesehen davon, dass ein großer Teil der Wiener ÖVP einer Zusammenarbeit mit der SPÖ nicht abgeneigt ist - vor allem, wenn sie eine schwache SPÖ vor sich hat.

ÖVP in Wien nur noch4 Prozentpunkte hinter SPÖ

Und schwach wird die SPÖ vermutlich auch bleiben - zumindest wenn die Landesparteisekretärin Barbara Novak kurz nach Verkündigung der ersten Wiener Wahlergebnisse am Sonntagabend das schlechte Abschneiden der Wiener Partei auf die Sachpolitik schiebt und fast im gleichen Atemzug ankündigt, weiterhin mit Sachpolitik punkten zu wollen - ähnlich wie die Aussage von Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner: "Die Richtung stimmt."

Nach dem Stand von Sonntagabend (ohne Wahlkarten) erreichte die SPÖ in Wien 28,85 Prozent, was einem Minus von 5,64 Prozent entspricht. Dahinter folgte die ÖVP mit 24,06 Prozent (plus 2,46 Prozent). Die Grünen lagen bei 19,02 Prozent (plus 13,12 Prozent), die FPÖ bei 14,24 Prozent (minus 7,11 Prozent) und die Neos bei 8,7 Prozent (plus 2,25 Prozent).

In den Bezirken haben in Liesing, Hietzing, Penzing, Döbling, Währing und im ersten Bezirk die Türkisen die Nase vorn. Grün sind Hernals, Alsergrund, Josefstadt, Neubau, Mariahilf und Wieden. Die SPÖ hat sich durchgesetzt in Ottakring, Rudolfsheim-Fünfhaus, Meidling, Margareten, Favoriten, Brigittenau, Floridsdorf, Donaustadt, Leopoldstadt, Landstraße - und auch in Simmering, wo die SPÖ 35 Prozent erreichte und die FPÖ, die dort den Bezirksvorsteher stellt, von 33 Prozent auf 22,1 Prozent heruntergerasselt ist.

Rote haben überall verloren, Grüne überall gewonnen

In fast allen Bezirken hat die SPÖ um durchschnittlich 8 Prozentpunkte verloren, in Mariahilf sogar fast 12 und in Neubau 14,5. Sogar in Floridsdorf, dem Heimatbezirk des Wiener Bürgermeisters, musste die SPÖ ein Minus von 3,8 Prozentpunkten hinnehmen. Fast gleichgeblieben sind die Ergebnisse nur in Favoriten mit 38,7 Prozent (minus 0,24). Auch die Türkisen mussten in einigen eigentlich traditionell bürgerlichen Bezirken wie der Innenstadt, in der Josefstadt oder in Döbling ein Minus hinnehmen.

Die Grünen haben hingegen überall zugelegt - in Neubau sogar um plus 24 Prozentpunkte, in Mariahilf, in der Josefstadt und im Alsergund um jeweils etwa 22 und in der Wieden um 20 Prozenpunkte.

Zwar hat Michael Ludwig am Sonntagabend in einem Statement personelle Konsequenzen an der Parteispitze ausgeschlossen und damit versucht, Pamela Rendi-Wagner den Rücken zu stärken. Allerdings wolle man das Wahlergebnis nutzen, um zumindest auf Wiener Ebene inhaltliche Konsequenzen zu ziehen, wie der Wiener Parteichef betonte.

Am bisher schlechtesten Ergebnis der SPÖ sei aber nicht ausschließlich die Partei schuld, wie Ludwig weiter ausführte. Es habe auch damit zu tun, dass ÖVP und Grüne so stark geworden sind. Vor allem habe die FPÖ der ÖVP "durch selbst verschuldete Skandale die Möglichkeit geboten, enttäuschte Wähler abzuziehen", analysierte Ludwig. Der SPÖ hat das allerdings wenig gebracht.