Zum Hauptinhalt springen

Die Wirtschaftskriminalität kostet Österreich jährlich Milliarden

Von Veronika Gasser, Leogang

Wirtschaft

Wirtschaftskriminalität scheint in der österreichischen Kriminalstatistik nur mit 3% auf. Die tatsächlichen Delikte sind weit höher, erklärte Maximilian Burger-Scheidlin, in der internationalen Handelskammer Experte für Kriminalität, gestern bei den Österreichischen Sicherheitstagen in Leogang im Salzburger Pinzgau. Michael Sika, ehemals Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und jetzt Präsident des Kuratoriums Sicheres Österreich, formulierte es drastischer: "Würde die Wirtschaftskriminalität tatsächlich in Zahlen aufscheinen, dann müsste der Innenminister sofort gehen."


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Palette ist groß: Betrug, Diebstahl, Erpressung, Spionage, Korruption etc. Das Problem liegt darin, dass sich die meisten Unternehmen weder an die Polizei, geschweige denn an die Öffentlichkeit wagen. Burger-Scheidlin schätzt den Schaden, der Österreichs Wirtschaft durch betriebsinterne Kriminalität erwächst, auf mehr als 3 Mrd. Euro. Auch sei die Ächtung durch die Öffentlichkeit nicht stark. Wirtschaftskriminalität werde hierzulande immer noch als Kavaliersdelikt betrachtet, ärgert sich Sika.

Frustrierte Mitarbeiter sind besonders anfällig

Besonders alarmierend sind die Schäden, die aufgrund von Managementfehlern zustande kommen. Das derzeitige Wirtschaftssystem, in dem die Mitarbeiter in den Hintergrund gedrängt würden, dafür aber Effizienz und Rationalisierung an erster Stelle gereiht seien, produziere Kriminelle. "Schlecht bezahlte und schlecht behandelte Mitarbeiter sind anfällig für Korruption. Ein kalter Führungsstil frustriert, hält Reformen auf und lässt die Loyalität rapide sinken", warnt Burger-Scheidlin. Oft führten kleine Einsparungen zu enormen Kosten, wenn die Beschäftigten das Gefühl bekommen, sie bleiben auf der Strecke.

Die "innere Kündigung", die manche durch Frustration längst vollzogen hätten, koste Österreichs Wirtschaft jährlich 6,6 Mrd. Euro. Die Folgekosten für Mobbing werden auf 1,5 Mrd. Euro geschätzt. Und es sei davon auszugehen, dass etwa 5% der Frustrierten auch zu Tätern werden. Korruption, Sabotage und Spionage verursachten einen oft vermeidbaren Schaden von 1,5 Mrd. Euro pro Jahr. Deshalb empfiehlt der Experte für Wirtschaftskriminalität den Spitzen der Wirtschaft, ihre Untergebenen ernst zu nehmen und "wie Mitunternehmer zu behandeln". Ein System aus positiven Anreizen ist für ihn Garant für weniger Delikte. Denn die Kontrolle koste weit mehr, als die Leute zufrieden zu stellen.

Dem stimmt auch Erich Niederdorfer, in der Europäischen Zentralbank (EZB) für die Sicherheit verantwortlich, zu. Seine Devise: Auch externe Mitarbeiter, wie etwa Sicherheitsleute, so gut entlohnen, dass sie von ihrem Job den Lebensunterhalt bestreiten können und sie, soweit es geht, integrieren. "Wir ersparen uns wenig, wenn wir die Externen schlecht behandeln, schaffen aber enorme Risiken."

Heute wird bei den Österreichischen Sicherheitstagen in Leogang über Wettbewerbsspionage und Informationsschutz sowie über Ethik und Moral im Management diskutiert werden.