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Die Wirtschaftskrise wird auf Jahre hinaus ein ständiger Begleiter bleiben

Von Hermann Sileitsch

Analysen

Ist die Krise vorbei? Die Börsen haben seit März euphorische Kursgewinne gefeiert - zumindest bis vor zwei Wochen. Und die Konjunkturerwartungen werden mit jeder Prognose (marginal, aber doch) nach oben revidiert. So auch bei der jüngsten Herbstprognose der EU-Kommission. Alles im Lot?


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Leider nein. Die Erholung - von einem Aufschwung sind wir weit entfernt - birgt unzählige Risiken. So rührt die für die Wirtschaft günstige Thermik zu einem Großteil von der faktischen Null-Zinspolitik der Zentralbanken und den zig Milliarden an staatlichen Investitionen. Diese werden auslaufen und irgendwann wird der Zeitpunkt für höhere Zinsen kommen - eine echte Belastungsprobe.

Die Banken konnten zwar von der mehrmonatigen Rally an den Märkten profitieren, sind aber ebenfalls noch nicht ganz über den Berg. Zum einen sind noch nicht alle Problempapiere abgeschrieben, zum anderen werden die Kreditausfälle erst 2010 ihren Höhepunkt erreichen.

Ähnliches gilt für die soziale Krise. Der Arbeitsmarkt läuft der Wirtschaftsentwicklung mit mehrmonatiger Verspätung hinterher. Das bedeutet, dass die Arbeitslosigkeit trotz der leichten Erholung weiter steigen wird - was sich in der Folge auch negativ auf den Konsum niederschlägt. Die von der EU-Kommission für Österreich genannten Wachstumsziffern - 2010 ein Plus von 1,1 Prozent und im Jahr darauf eines von 1,5 Prozent - werden mit Sicherheit nicht ausreichen, um die Arbeitlosigkeit zu senken. Bisher gingen die Wirtschaftsforscher davon aus, dass dafür ein Wachstum von etwa 2 bis 2,5 Prozent nötig ist. Für eine Krise und einen Abschwung vergleichbaren Ausmaßes fehlen sämtliche Vergleichswerte. Aber: Wie Wifo-Experte Markus Marterbauer gegenüber der "Wiener Zeitung" erklärt, könnte künftig ein noch höherer Zuwachs benötigt werden. Erfreulich sind die besseren Daten seitens der Industrie im letzten Quartal. Diese hatte allerdings davor wahre Horrormonate durchgemacht - es wurden praktisch nur die Lager abgebaut, die Neuproduktion war fast zum Erliegen gekommen. Nicht zuletzt könnte sich jedoch ein weiteres Absacken des Dollarkurses zu einem echten Problem für Europas Exporte auswachsen.

Fazit: Zwar konnte die Kernschmelze im Finanzsektor vermieden werden und auch der tiefe Absturz in eine lange Depression scheint abgewehrt. Die Krise ist aber noch lange nicht im Griff und wird auf viele Jahre ein Thema bleiben. Sind erst einmal die Akutschmerzen verflogen, wird eine nicht minder peinigende Sanierung der Haushalte folgen müssen.