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Die Wirtschaftspolitik der Gefühle

Von Kurt Bayer

Gastkommentare
Kurt Bayer ist Ökonom und war Board Director in Weltbank (Washington, D.C.) und EBRD (London) sowie Gruppenleiter im Finanzministerium.

Wann wird die Wohlfühlpolitik endlich durch Konzepte und Taten ersetzt?


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Der Schriftsteller Josef Haslinger hat in seiner tiefschürfenden Analyse "Politik der Gefühle" (2001) dies zwar etwas anders gemeint, dennoch muss diese Metapher für eine weitere Kritik an der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung herhalten.

Der Finanzminister traut den "Pi mal Daumen"-Daten der Oesterreichischen Nationalbank über die Vermögensverteilung in Österreich nicht und meint frech (darf man das in Österreich so sagen?), dass nach seinem Gefühl die Vermögenskonzentration geringer ist, als die Zahlen hergeben.

So schaut auch seine Wirtschaftspolitik aus: Gefühl statt "evidenzbasierter" Grundlagen für die Wirtschaftspolitik. Ähnlich hat er ja auch bei seinem Hypo-Gesetz argumentiert, dass nach seinem Gefühl (und jenem der "Experten" - deren Namen er nie nannte und deren Papiere er nie herzeigte) eine Insolvenz viel teurer gekommen wäre (für wen, sagte er nicht) als die derzeitige Abbaulösung mit Schuldenschnitt für einige nachrangige Gläubiger.

Aber er ist nicht der einzige "Fühlende" im Land. Der Bundeskanzler und seine Partei agitieren seit Monaten (bereits im vorigen Wahlkampf) für eine "Reichensteuer" oder eine "Millionärsabgabe".

So weit, so so. Jetzt ist seit den ersten Erwähnungen dieser als Allheilmittel angepriesenen Intervention bereits ein Jahr vergangen, und wenn man genauer nach einem Konzept in der Partei, in der Arbeiterkammer oder beim ÖGB fragt - Leermeldung.

Die Nicht-Anwesenheit der diese Steuer fordernden SPÖ-Politiker vorige Woche beim Auftritt Thomas Pikettys vor 1500 Zuhörern in Wien (wann hat es jemals so etwas in Österreich gegeben?) zeigt ebenso, wie der eklatante Mangel an Diskussionsfreudigkeit der österreichischen Befürworter dieser Steuer beim nachfolgenden Abendessen mit dem neuen Superstar der Ökonomie (der immerhin lautstark eine globale Vermögensabgabe fordert), dass die österreichische Wirtschaftspolitik immer mehr zu Fühligkeit und reiner Schlagzeilenproduktion verkommt.

Nicht zu reden von den äußerst gehaltlosen Klischee-Präsentationen der Regierungsmitglieder bei der kürzlichen Vorstellung des Wirtschaftsberichts der Bundesregierung: kein Ziel, keine Strategie, keine gemeinsamen Projekte - nur Selbstbelobung, wie gut wir denn seien.

Und dann noch die Unfähigkeit, die im Regierungsprogramm vorgestellte Neu-Organisation der ÖIAG voranzubringen, wo dann - faute de mieux - der "sich selbst erneuernde" Aufsichtsrat eine ehemalige FPÖ-Ministerin aufnimmt und einen für Russland arbeitenden Manager mit eklatantem Interessenkonflikt zu seinem Präsidenten kürt - offenbar in Fortsetzung der liebedienerischen Anbiederung der europäischen Regierungs-, Staats- und Wirtschaftsspitzen an den russischen Präsidenten.

Die "gefühlte" Resignation angesichts dieser katastrophalen Strategielosigkeit und Zukunftssicht ist leider real. Wann werden sich endlich jene Personen, die in den Regierungsparteien sitzen und ebenso leiden, mit den (schwachen) Kräften der Opposition und der Zivilgesellschaft zusammentun und diese Wohlfühlpolitik durch Konzepte und Taten ersetzen?