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Die Geschichte des Fußballs ist lang, die Liste der bisherigen Weltmeister aber recht kurz. Nur sieben Nationen haben den Pokal gewonnen: Uruguay, Brasilien und Argentinien aus Südamerika, Deutschland, Italien, Frankreich und England aus Europa.
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Und bis auf Uruguay, das sich über die Jahrzehnte wohl zu weit von der Weltspitze entfernt hat, sind es wieder diese Länder, die gerne als WM-Favoriten genannt werden. Natürlich nicht zu Unrecht. Doch so richtig überzeugende Argumente haben die Weltmeister von einst diesmal nicht anzubieten.
Da wäre einmal Argentinien, das auf jeder Position geradezu sensationell besetzt ist und zudem über einen Lionel Messi verfügt. Aber eben auch über einen Diego Maradona als Teamchef, der es geschafft hat, sich mit dem vielleicht besten Team nur hauchdünn zu qualifizieren.
Rivale Brasilien hat dagegen diesmal eine vergleichsweise bescheidene Truppe beisammen. Felipe Melo? Elano? Nilmar? Alles keine großen Namen im Weltfußball, auch wenn sie bei namhaften Klubs spielen. Aber Stürmer Grafite von Wolfsburg ist eben doch ein anderes Format, als es einst Ronaldo, Adriano, Bebeto oder Romario waren. Zudem hat Kaká eine schwache Saison bei Real gespielt. Trainer Carlos Dunga setzt auf nüchternen, ergebnisorientierten Fußball. Das könnte freilich wieder für die Brasilianer sprechen.
Personell diesmal eher schwach besetzt sind auch England und Italien, wobei die Briten immerhin noch Wayne Rooney haben (wenn auch nur den, wie Kritiker anmerken). Der Titelverteidiger hat neun Weltmeister im Kader. Doch ob man mit Vincenzo Iaquinta im Angriff die WM gewinnt, darf bezweifelt werden. Deutschland hat sich zwar in der Vorbereitung als eingespieltes Team erwiesen, doch auch der Dritte von 2006 hat personelle Probleme, vor allem im zentralen Mittelfeld. Der Ausfall von Michael Ballack wiegt schwer, schließlich hat er in 98 Partien unfassbare 42 Tore erzielt. Und nicht die unwichtigsten.
Frankreich ist in gewisser Weise ein Mysterium. Der Kader ist edel, und mit einem Franck Ribéry verfügt der Vize-Champion zudem über einen extravaganten Solisten, doch unter Teamchef Raymond Domenech ist die Équipe tricolore seltsam ungefährlich. Aber Achtung: Es sind oft die defensiven Qualitäten, die gute Teams zu WM-Ehren gelangen lassen. Und hinten sind die Franzosen stark.
Dennoch scheint angesichts dieser Vorzeichen die Zeit reif, dass die WM in Südafrika einen neuen Weltmeister erlebt. Vielleicht einen afrikanischen? Die Elfenbeinküste (Drogba), Nigeria (Mikel) und Ghana (Essien) haben wichtige Spieler verloren und zudem die üblichen Probleme. Prämienstreits, chaotische Vorbereitung, Trainerwechsel unmittelbar vor dem Turnier.
Nein, eher ist es Spanien zuzutrauen, am 11. Juli den Pokal zu stemmen. Der Europameister hat seit November 2006 nur eine Partie verloren. Doch erstens kann die Favoritenrolle lähmen, zweitens waren einige Stammspieler zuletzt angeschlagen, und drittens ist die offensive Spielweise eben WM-geschichtlich gesehen nicht sonderlich erfolgreich. So ist ja auch der FC Barcelona gegen Inter Mailand in Schönheit gestorben.
Und apropos: Die Niederlande spielen derzeit phänomenal, schießen Tor um Tor. Eigentlich genauso wie immer.