Unterwegs zum Quantencomputer und anderen Novitäten. | Experimente mit ultrakalten Atomen. | Innsbruck/Wien. Erst vor wenigen Tagen erhielt der Innsbrucker Quantenphysiker Peter Zoller in Japan den 6. Internationalen Preis für Quantenkommunikation. Eine bedeutsame Anerkennung, aber nichts Ungewöhnliches für die Forscher am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (Iqoqi) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), von denen in kurzen Abständen immer wieder einer einen wichtigen Preis erringt: Peter Zoller und Hans Jürgen Briegel leiten die beiden theoretischen, Rainer Blatt, Rudolf Grimm und Anton Zeilinger die drei experimentellen Gruppen. Bis auf die in Wien tätige Arbeitsgruppe Zeilinger ist das Institut in Innsbruck angesiedelt.
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Ihre Forschung ist verbunden mit dem faustischen Drang zu wissen, "was die Welt im Innersten zusammenhält". Die Quantenphysiker, so Rudolf Grimm, leben "in der Welt der ganz kleinen Dinge", denn unter Quanten versteht man "nicht weiter unterteilbare Mengen einer physikalischen Größe". So ist zum Beispiel "Energie immer nur in kleinsten Portionen vorhanden". Anton Zeilinger hat einmal das Publikum einer Veranstaltung mit der Feststellung aufhorchen lassen, der viel zitierte "Quantensprung" sei im Grunde eine ganz winzige Angelegenheit. Grimm verdeutlicht: "Fängt man Atome in einer Ionenfalle, dann beträgt der Abstand zwischen den Teilchen nur rund 20 Mikrometer, das ist 1/50 mm, da passt wirklich kein Haar mehr dazwischen."
Die Untersuchung von Energieniveaus in Materie gehört zu den Aufgaben der Wissenschaftler. Rudolf Grimm: "Es geht darum, Quantensysteme gezielt präparieren, manipulieren, charakterisieren, auslesen und ausmessen zu können." Die Physiker bauen dazu zum Beispiel "Ionenfallen". Die Kunst, so Grimm, bestehe darin, eine bestimmte Anzahl von Ionen zu fangen und sie einzeln zu behandeln. Die Teilchen können sich in zwei Zuständen befinden, die aber auch überlagert sein können. Die Technik, den Zustand eines Teilchens auf ein anderes Teilchen zu übertragen, ist die Teleportation oder das "Beamen", ein Gebiet, auf dem Anton Zeilinger Pionierarbeit geleistet hat.
Weltweit erste gezielte "Verschränkung"
Die gezielte "Verschränkung" einer größeren Anzahl von Atomen ist nachweislich erstmals in Innsbruck gelungen. Die Gruppe um Rainer Blatt und Hartmut Häffner schaffte es, acht Ionen kontrolliert zu verschränken und damit weltweit zum ersten Mal ein so genanntes "Quantenbyte (Qubyte)" herzustellen.
Praktischen Nutzen, so Rudolf Grimm, finden dieser Entdeckungen zum Beispiel in der Erhöhung der Präzision von Atomuhren und Systemen der Datennavigation (GPS): "In den Quanten steckt ungeheuer viel Information, die muss nutzbar gemacht werden." Die Gruppe um Peter Zoller hat unlängst gemeinsam mit US-Forschern ein neues Konzept für einen Quantencomputer präsentiert. Dafür sollen die Quanteneigenschaften von elektrisch manipulierten Molekülen genutzt werden.
Grimms eigene Forschung konzentriert sich auf ultrakalte Atome und Moleküle. Die Experimente werden bei einer Temperatur von nur wenigen Milliardstelgraden über dem absoluten Nullpunkt (-273,15 Grad Celsius) mit Laserlicht durchgeführt. Sie zielen auf die Erzeugung von Kondensaten, in denen die reibungsfreie Strömung von Teilchen (Superfluidität) möglich ist.
Efimovs Theorie-Modell praktisch nachgewiesen
Seit Grimms Arbeitsgruppe im Jahr 2002 die weltweit erste Erzeugung eines Bose-Einstein-Kondensats - alle Teilchen schwingen darin gleichartig - aus Cäsium-Atomen gelang, sind weitere Durchbrüche erfolgt. Im März 2006 konnte Grimms Gruppe mit Hilfe ultrakalter Cäsium-Atome ein altes Rätsel der Physik klären und erstmals experimentell einen Efimov-Zustand in der Praxis beobachten. Der Russe Vitali Efimov hatte vor 35 Jahren theoretisch prognostiziert, dass sich drei Teilchen unter Ausnutzung der quantenmechanischen Eigenschaften zu einem Objekt vereinen können, obwohl sie paarweise zu keiner Verbindung imstande sind.
Kürzlich besuchte der selbst seit Jahren mit der Erzeugung und Erforschung von Kondensaten befasste Amerikaner Eric A. Cornell, 2001 mit zwei Kollegen Physik-Nobelpreisträger, das Iqoqi. Gäste wie Cornell und die vielen jungen Forscher am Institut, laut Grimm sind es etwa 50 bis 60 - davon zwei Drittel Ausländer aus 16 Nationen, darunter USA, Mexiko und Brasilien -, belegen den Weltruf des Instituts, das auf seinem Gebiet neben Boulder in Colorado (USA) und anderen absolute Weltspitze ist und Bewerbungen aus aller Welt erhält.
Rudolf Grimm empfindet die enge Vernetzung mit der Innsbrucker Uni - an der die Iqoqi-Direktoren zugleich Professoren sind - und die Lage am Universitätscampus als sehr positiv für Know-how-Transfer und Personalaustausch.
Die Errichtung des Ista (Institute for Science and Technology) in Maria Gugging "betrachten wir gelassen", sagt Grimm: "Wirklich positiv ist, dass man sich über Exzellenz-Strategien Gedanken gemacht hat." Aber ob man plötzlich "auf der grünen Wiese" Spitzenresultate erreichen könne, erscheint ihm eher zweifelhaft. Der neue Weg, den die ÖAW in Innsbruck eingeschlagen hat - Synergie mit der Universität - habe sich jedenfalls schon bewährt.