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Die Wunderdroge gegen die Finanzkrise

Von Erhard Fürst

Gastkommentare

Bundeskanzler Werner Faymann, Vizekanzler Josef Pröll, Wifo-Leiter Karl Aiginger und Attac-Vertreterin Karin Küblböck: Sie alle sind für eine europaweite Steuer auf Finanztransaktionen. Eine solche Steuer von (anfangs!) 0,1 bis 0,2 Prozent würde die Krisenanfälligkeit und die Volatilität auf den Kapitalmärkten reduzieren und darüber hinaus die EU-Finanzierung erleichtern.


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Über die Besteuerungsbasis sind sich die Verfechter einer Finanztransaktionssteuer uneinig. Geht es nur um Devisentransaktionen? Also etwa auch um den Umtausch von Dollar-Erlösen eines Exportunternehmens in Euro, oder sollen die bösen Derivate einbezogen werden, die Unternehmen und Finanzinstitutionen zur Risikenabsicherung einsetzen? Oder nur um hoch spekulative Transaktionen (die wer definiert und wer überprüft)? Oder um alle Finanztransaktionen, von der Einzahlung auf ein Sparbuch bis zu den hunderten von Millionen kurzfristiger Transaktionen der Geldhändler? Oder geht es einfach um ein Revival der guten alten BUSt (Börsenumsatzsteuer)?

Es gibt keine seriöse ökonomische Studie, die einen Hinweis, geschweige denn einen Beweis dafür liefert, dass durch eine Finanztransaktionssteuer internationale Finanzkrisen hätten verhindert oder gemildert werden können: weder die Subprime-Krise, noch die Lateinamerika-Krise, noch die Asien-Krise, noch die Russland-Krise, noch . . .

Ob Volatilitäten - also Schwankungen von Kursen, Rohwarenpreisen, Wechselkursen etc. - verringert werden können, ist äußerst fraglich. Erwartete Spekulationsgewinne (oder befürchtete Verluste) machen ein Vielfaches der geplanten Steuer aus.

Die Steuer würden nicht in erster Linie die bösen Spekulanten zahlen, sondern wir alle, die (teurer gewordene) Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen, in Wertpapieren oder Lebensversicherungen veranlagen, Pensionsansprüche bei einer Pensionskasse haben, aber ebenso alle Unternehmen, vor allem international tätige. Anders ausgedrückt: Eine solche Steuer würde den europäischen Wirtschaftsstandort im globalen Wettbewerb schwächen.

Warum mehren sich die Stimmen aus Politik und Politikberatung, die für diese Steuer eintreten? Ganz einfach: Eine Finanztransaktionssteuer stellt in ihren Augen eine Panazee dar, ein Wundermittel, mit dem man angesichts der katastrophalen Lage der öffentlichen Haushalte eine politisch gut verkäufliche neue Einnahmsquelle erschließen kann, die den lästigen Druck auf Einsparungen mildert. Wer sollte gegen die Verhinderung von Finanzkrisen, die Bestrafung von Spekulanten durch eine Steuer sein, die einen selbst nicht betrifft?

Leider sind alle drei Behauptungen schlicht und einfach falsch.

Erhard Fürst war viele Jahre Leiter der Abteilung Industriepolitik und Wirtschaft in der Industriellenvereinigung.