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"Die wurden von den Sozialpartnern gelegt"

Von Walter Hämmerle

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In der Gesundheitsdebatte fällt es schwer, den Durchblick zu bewahren. Hoffentlich hat ihn die Regierung. | "Meiner Meinung nach wurden Alfred Gusenbauer und Wilhelm Molterer von den Sozialpartnern gelegt. Anders kann ich mir nicht erklären, dass sich beide hinstellen und von Dingen reden, von denen sie keine Ahnung haben - und auch nicht haben können." Der, der das bei einem Hintergrundgespräch sagt, ist Reinhart Waneck, von 2000 bis 2004 FPÖ-Staatssekretär im Gesundheitsministerium.


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Auch heute noch mischt Waneck in der Gesundheitspolitik mit, wenngleich als Chef des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte vulgo Primarii in einer zurückgenommeneren Form.

Vor allem die Blauäugigkeit, mit der etwa die Aut-idem-Regelung politisch argumentiert wurde, ist Waneck ein Dorn im Auge: Kanzler und Vizekanzler würden, so der praktizierende Röntgenologe, unisono betonen, dass chronisch Kranke von dieser Regelung ausgenommen würden, aber niemand sage, wer konkret als chronisch krank gelte. Und diese Unterscheidung, so versichert Waneck, falle in der Praxis alles andere als leicht.

Überhaupt, so Waneck, sei die Reform keine Reform, sondern trage im Gegenteil die Möglichkeit einer Verschlechterung der Situation in sich. Kern seiner Kritik ist die künftige Möglichkeit der Kassen, Einzelverträge mit Ärzten abzuschließen. Dies berge indirekt die Gefahr, dass künftig auch nicht-ärztliche Anbieter als Vertragspartner der Krankenkassen auftreten könnten; die Gesundheitsversorgung drohe so vom öffentlichen Gut zu einem Geschäft zu mutieren. Bei diesem Punkt ist der Arzt Waneck völlig auf Linie der Ärztevertreter: Nur die Vertragshoheit der Ärztekammer schiebe dem einen Riegel vor.

Im Unterschied zu seiner Kammervertretung, die bisher auf jeden konstruktiven Gegenvorschlag verzichtet, geizt der Ex-Staatssekretär aber auch nicht mit Reformvorschlägen. Das liest sich ganz simpel:

* Mehrwertsteuer auf Medikamente abschaffen. In Österreich beträgt diese 20 Prozent, im EU-Durchschnitt nur 7 Prozent.

* Selbstversicherung gegen Sportunfälle, etwa über einen 1-Euro-Aufschlag auf Skiliftkarten.

* Autounfälle sollen mit der Haftpflichtversicherung verbunden werden.

Diese drei Maßnahmen zusammen genommen könnten laut Waneck rund 5 Milliarden Euro für die mittelfristige Sanierung der maroden Kassen bringen - und die notwendige Zeit, eine Strukturreform des Gesundheitswesens gründlich vorzubereiten.

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Österreich ist um eine neue Nachdenkschiene reicher: Der schwarze Perspektiven-Prozess ist abgeschlossen, sein Erbe soll nun "Denkfabrik Österreich. Zukunft im Gespräch" antreten. Angesiedelt ist die Nachfolgeorganisation der Perspektiven auf der Politischen Akademie der ÖVP.

Neben einer Veranstaltungsschiene wurden auch drei Arbeitskreise eingerichtet: Ein konservativer mit Generalsekretär Hannes Missethon an der Spitze; ein liberaler, um den sich Wissenschaftsminister Johannes Hahn kümmern soll, sowie ein christlich-sozialer, dem Arbeitsstaatssekretärin Christine Marek vorsteht.