Risk Expert bietet professionelle Hilfe schon im Vorfeld an. | Tipps für die Bauweise bis hin zum Notfallplan bei Lieferausfällen. | Wien. Ein Gespräch mit dem Risikomanager und Diplomingenieur Gerhart Ebner kann philosophische Dimensionen annehmen. Denn was ist schon Risiko, was kann passieren, was noch nicht greifbar ist. "Die Gesellschaft verdrängt lieber potenzielles Risiko. Aber wir wollen, dass uns jemand sagt das ist sicher.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ein Risiko hingegen will niemand hören." Wenn man sich etwa überlege, welche Risiken der Europäer mit dem Betrieb von Atomkraftwerken eingeht. "Eigentlich müssten alle schreien: Das darf nicht passieren, noch dazu wo die Deutschen jetzt ihre AKW verlängert haben. Grundsätzlich gilt: Je länger nichts passiert, umso wahrscheinlicher wird, das etwas passiert", meint Ebner.
Der Diplomingenieur macht die Funktionsweise des menschlichen Denkens für diese Art von Verdrängung verantwortlich. "Alles, was man nicht selbst erlebt hat, gehört nicht zu dieser Art von Realität." Einmal wurde er zu einem Vortrag über Naturgefahren ins westliche Österreich eingeladen, er solle doch über Hochwasser und Stürme berichten. Gut, sagte Ebner, Naturgefahren, Hochwasser, Stürme und Erdbeben. Erdbeben? Nein, das brauche man nicht, hieß es von den Veranstaltern: Erdbeben gibt es bei uns nicht. Wenn Ebner die Geschichte erzählt, fängt er an zu lachen: "Historischen Aufzeichnungen zufolge gibt es alle 100 Jahre ein Erdbeben im Tiroler Bereich. Es kann sich bloß niemand selbständig daran erinnern, deswegen existiert es praktisch nicht." Insofern bringe es auch wenig, wenn Kunden von ihm über tolle Schutzsysteme aller Art verfügen, aber ausgerechnet den Schutz vor Erdbeben vernachlässigen.
Kopf oder Zahl? Zahl. Ebner wirft die Münze. Es wird Kopf. "Falls Sie sich nun denken Pech gehabt, mache ich Sie darauf aufmerksam, dass das eine Wahrscheinlichkeit von 1:1 war. Wie soll das menschliche Gehirn mit einem Risiko von 1:10 oder gar 1:100 fertigwerden?" Laut Ebner zählt es zu den menschlichen Bedürfnissen, Risiko zu negieren. Etwaige Schicksalsschläge werden dann als gottgegeben hingenommen. "Natürlich gibt es keine absolute Sicherheit", relativiert Ebner aber auch, der mit seinen zwei Unternehmen Risk Consult und deren Tochter Risk Experts (beide Spin-Offs der Wiener Städtischen Versicherung) derzeit rund 2500 Unternehmensstandorte in ganz Europa betreut. "Bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1:1000 ist ein Schadensfall vielleicht für ein bestimmtes Unternehmen recht unwahrscheinlich, aber wir wissen damit, dass zwei bis drei unserer Unternehmen im nächsten Jahr ein gröberes Problem haben werden."
Exit-Strategie hilft
Und das wird hoffentlich abgedeckt sein. Denn schiefgehen kann viel. Das Spektrum reicht von Betriebsspionage über Brand bis hin zu Lieferausfällen. "Ein vorbereitetes Krisenszenario ist die Basis für die Verhinderung von Imageschäden im Worst-Case, eine adäquate Notfallplanung sorgt für einen reibungslosen Ablauf wenn es eng wird. Damit Unterbrechungen und deren Folgen ausbleiben oder minimiert werden."
Das Risikomanagement- Team besteht aus über 30 Mitarbeitern vor allem in Österreich, aber auch in den Standorten in Bulgarien, Slowakei, Polen und Rumänien) und ist sowohl in der Großindustrie als auch bei Klein- und Mittelbetrieben tätig. Vor kurzem war er in Istanbul, um für einen türkischen Konzern ein Risikostudie zu machen.
Falscher Materialeinsatz
Bei einem anderen Projekt, einer Maschinenhalle, hat er rechtzeitig die Mängel der Dachisolierung erkannt. "Unter dem Dach war eine hohe Wertkonzentration. Als Isolierung war eine Bitumenfolie gedacht. Aber die fängt im Brandfall an zu tropfen und vernichtet die Maschinen. Deswegen ist es gescheiter, eine Metallfolie zu verwenden und hier etwas mehr Geld auszugeben, da der ganze Wert des Unternehmens in den Maschinen gelegen ist." Die ursprünglich angedachte Lösung entsprach zwar den Sicherheitsvorschriften, aber diese nehmen oft nur auf Leib, Leben und Umwelt Rücksicht. Für den Gesamtüberblick ist Ebner mit seinem Heer an Technikern, Betriebswirten, Finanzmathematikern und Juristen zuständig. Dabei decken sie eine große Bandbreite ab: Die Ermittlung von Werten im Bereich Gebäude und Anlagen, die Risikoanalyse, Schadensmanagement, Consulting bis hin zur Software-Entwicklung für Versicherungs- und Risikomanagement.