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Die Zeichen stehen auf Konfrontation

Von Michael Schmölzer aus München

Politik

In München müssen sich Dutzende Außen- und Verteidigungsminister mit mehreren Konflikten beschäftigen.


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München. Ernste Mienen zum Auftakt der Münchner Sicherheitskonferenz: Am Freitag treffen sich dutzende Außen- und Verteidigungsminister und selten zuvor standen die Zeichen derart auf Konfrontation. Im syrischen Bürgerkrieg sind zwei Nato-Partner, die USA und die Türkei, knapp davor, unmittelbar aneinanderzugeraten. Ankara ist mit Ministerpräsident Binali Yildrim in München vertreten, mit Spannung wird erwartet, ob er Signale der Versöhnung aussendet.

Trump bleibt Konferenz fern

Der Mann, der zu einem Großteil Ursache für die neue globale Unsicherheit ist - Donald Trump -, ist nicht nach München gekommen. Er schickt Verteidigungsminister Jim Mattis und den nationalen Sicherheitsberater H.R. McMaster. Mit seiner Ankündigung, das US-Atomwaffenarsenal auszubauen, hat Trump nicht zuletzt Moskau unter Druck gesetzt. Die USA wollen neue, "feldtaugliche" Atomsprengköpfe anschaffen, Massenvernichtungswaffen mit beschränkter Wirkung; die Wahrscheinlichkeit, dass derartige Bomben mit relativ gesehen limitierter Wirkung tatsächlich eingesetzt werden, steigt. Und auch wenn Nordkorea derzeit Signale der Aussöhnung sendet und eine Mannschaft zu den Olympischen Spielen in den verfeindeten Süden geschickt hat: Die atomare Konfliktlinie Pjöngjang - Washington bleibt bestehen. Die Drohung Trumps, Diktator Kim Jong-un befinde sich auf einer "Selbstmordmission", ausgestoßen vor der UN-Vollversammlung, steht weiter im Raum. Auch der Iran, der nach langen Verhandlungen einen Atomdeal auch mit den USA geschlossen hat, sieht sich der Aggression aus Washington ausgesetzt.

Der Nahost-Friedensprozess ist so gut wie tot, nachdem Trump mit seiner Ankündigung, Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkennen zu wollen, jegliche Gesprächsbasis ruiniert hat. Washington hat kein Konzept, wie man hier weiter vorgehen könnte. Sowohl Palästinenser als auch Israelis hätten kein Interesse an einer Friedenslösung, bemerkte Trump zuletzt lapidar - kein Ansatz für Fortschritte. Israels Premier Benjamin Netanjahu ist auf der Sicherheitskonferenz präsent, dass der Hardliner dort Akzente in Richtung Versöhnung setzt, ist unwahrscheinlich.

Es ist ein rasanter Bedeutungsverlust, den die USA derzeit auf der Weltbühne erleiden - durch Trumps Muskelspiele wird er nur noch offensichtlicher. Mit einer Militärparade durch Washington will er das kollektive Ego der Supermacht aufpolieren. Einwände seiner Generäle, dass derartige Veranstaltungen vor allem in Diktaturen gepflogen würden, fechten ihn nicht an. Ebenso wenig ein Appell, unterzeichnet von 150 Ex-Generälen, dass Verteidigungspolitik nicht nur aus Vergrößerung von Waffenarsenalen bestehen könne; dass hier auch Diplomatie und Entwicklungshilfe gefragt seien.

Während Trump die Ausgaben für Waffen aller Art in die Höhe treibt, soll es im US-Außenamt künftig massive Etatkürzungen geben. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat zuletzt gemeint, angeschlagene USA würden zunehmend wild und unkoordiniert um sich schlagen. China sieht das und erhöht seine Ausgaben für Verteidigung. Peking weitet seinen strategischen Einfluss in Asien und zunehmend auch global aus.

In Syrien kämpfen US-amerikanische, türkische, iranische und russische Soldaten auf unterschiedlichen Seiten - auf engstem Raum. Hier wird künftig wichtig sein, dass die Kommunikationskanäle intakt bleiben. Sieben Jahre dauert der blutige Konflikt nun schon, die Einmischung ausländischer Mächte lässt eine rasche Beendigung illusorisch erscheinen.

Immer neue Fronten

Im Gegenteil: Immer neue Fronten tun sich auf. Israel kollidiert mit dem Iran und mit der syrischen Armee selbst, die Türkei führt im Norden des Landes Krieg gegen die kurdische YPG. Unterdessen geraten die Rebellen in ihren letzten Hochburgen rund um Idlib und bei Damaskus unter Druck. Die Lage für die Zivilbevölkerung wird unerträglich, es ist eine humanitäre Tragödie.

Auch, was Europas Zukunft betrifft, sind die Fragezeichen derzeit zahlreicher als die Gewissheiten. Vor allem, was das künftige Verhältnis der EU zu Großbritannien angeht. Die britische Premierministerin Theresa May hält am Samstag eine Rede, in der sie Klarheit schaffen will. Man darf gespannt sein. Die Regierungschefin ist allerdings eine Getriebene, sie steht innenpolitisch massiv unter Druck. Es ist unklar, wie lange sie sich noch halten können wird. Sollte sie stürzen, könnte ein Brexit-Hardliner übernehmen. Damit würden über dem Ärmelkanal mehr als nur dunkle Wolken aufziehen.

Unterdessen gibt auch der Gastgeber selbst, Deutschland, Anlass zur Sorge. Einst Fels in der Brandung, gibt es in Berlin immer noch keine stabilen Verhältnisse. Die Regierung ist nur geschäftsführend im Amt, Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel werden offenbar erst gar nicht in München vertreten sein.