)
Gastronomen: Abschreibungsmodelle für Umbauten für Obmann Hinterleitner "nicht akzeptabel".
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Er wolle beim Nichtraucherschutz endlich Nägel mit Köpfen machen, sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Donnerstag: "Ich möchte ein generelles Rauchverbot durchsetzen. Die Raucherregelung war ein Kompromiss, doch dieser war nicht umsetzbar." Die Diskussion über ein Rauchverbot ist nach dem Tod des "News"-Aufdeckerjournalisten Kurt Kuch, der am Samstag an Lungenkrebs starb, erneut entflammt. Nun zeichnet sich das Aus fürs Qualmen in heimischen Lokalen ab.
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) will das Rauchverbot am Dienstag im Ministerrat thematisieren. Sie setzt sich für rauchfreie Lokale bis 2018 ein - durch Mitterlehners Vorstoß könnte das Rauchverbot allerdings schon früher kommen. Der Vizekanzler will Branchenvertreter in den kommenden Tagen zu einem Gespräch einladen. Er hofft auf eine Gesetzesänderung in den nächsten Monaten.
Zurzeit werde gemeinsam mit dem Finanzministerium eruiert, wie viel die Wirte in den gesetzeskonformen Umbau investiert haben. Dann soll es einen Vorschlag zur Abgeltung der Investitionen geben, so Mitterlehner: "Unternehmen, die sich auf das Gesetz verlassen haben, sollen nicht alleine mit den Kosten dastehen." Denkbar wäre eine Einmalabschreibung für getätigte Investitionen. Oberhauser hat bereits im Dezember vorgeschlagen, die steuerliche Absetzbarkeit für Umbau-Investitionen zu verkürzen und Wirten finanziell entgegenzukommen. Für Details dazu sei es noch zu früh, meinte eine Sprecherin am Donnerstag.
Grüne wollen Gesetzesvorlage für Rauchverbot bis Ende Mai
Die Grünen machen ebenfalls Druck für ein Rauchverbot in der Gastronomie: Bei der nächsten Plenarsitzung im Jänner wollen die Grünen den Entschließungsantrag im Parlament einbringen, kündigte der Abgeordnete Peter Pilz am Donnerstag an. Pilz hofft auf Zustimmung von ÖVP, SPÖ, Neos, Team Stronach und "eventuell auch der FPÖ". Die FPÖ spricht sich als einzige Partei gegen ein generelles Rauchverbot aus. Bis spätestens 31. Mai solle die Bundesregierung eine Gesetzesvorlage, die Rauchen in der Gastronomie generell untersagt, vorlegen, so Pilz.
Nach dem Modell der Grünen sollen jene Betriebe, die Gewinne machen, den Restwert der Investitionen vorzeitig abschreiben können. Es brauche einen Investitionsschutz für jene, die "im guten Glauben in das völlig vermurkste Tabakgesetz investiert haben", sagte Pilz. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und damit der Abschreibungszeitraum beträgt acht Jahre. Rund die Hälfte der Investitionen, die durch das Tabakgesetz 2009 erforderlich wurden, seien damit bereits abgeschrieben, so Pilz. Jene Betriebe, die keinen Gewinn machen und damit nichts abschreiben können, sollen Steuergutschriften in maximaler Höhe der üblichen Abschreibungen erhalten. Hierfür müsse das Finanzministerium ein Modell entwickeln, forderte Pilz.
Gastronomen-Vertreter wollen an Wahlfreiheit festhalten
Vor den Wirtschaftskammer-Wahlen Ende Februar/Anfang März ist das Rauchen in der Gastronomie ein heikles Thema im Wahlkampf. Der Wirtschaftskammer-Fachverband der Gastronomie beharrt auf dem Festhalten an der aktuellen Regelung, die laut Obmann Helmut Hinterleitner "bestens funktioniert". Unternehmer sollen weiterhin selbst entscheiden können, ob sie das Rauchen im Lokal erlauben. Seit 2009 müssen Lokale ab 50 Quadratmeter einen abgetrennten Raucherbereich haben oder rauchfrei sein. Kleinere Betriebe dürfen als Raucher- oder Nichtraucherlokal geführt werden. "Viele europäische Kollegen beneiden uns um diese Regelung", so Hinterleitner.
Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner sagt, Nichtraucherschutz "muss schon früher bei den Jugendlichen beginnen und nicht erst im Wirtshaus". Der ÖVP-nahe Wirtschaftsbund betont, dass es um Rechtssicherheit und Vertrauensschutz gehe.
Vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband Österreich (SWV) heißt es, dass sich die derzeit geltende Regelung bewährt habe. Daher soll am aktuellen Gesetz festgehalten werden. Nachsatz: Sollten die derzeit geltenden Ausnahmen gestrichen werden, müsse es auf alle Fälle eine Entschädigungszahlung für betroffene Gastronomen geben.
Entschädigungen für Investitionen fordern auch die Unos, mit denen die Neos erstmals bei den Wirtschaftskammer-Wahlen antreten. Finanziert werden könnte das etwa über die Rücklagen des Wirtschafts- und Gesundheitsministeriums, immerhin seien diese beide Ministerien für die jetzige Regelung verantwortlich, schlagen die Unos vor.
Der von Politikern in Aussicht gestellten Abgeltung kann Fachverbandsobmann Hinterleitner jedoch nichts abgewinnen: "Die Abschreibungsmodelle sind nicht akzeptabel." Die Wirtschaft müsse sich auf Entscheidungen der Politik verlassen können. Lokalbesitzer haben laut Kammer rund 100 Millionen Euro in Umbauten für abgetrennte Bereiche für Raucher und Nichtraucher investiert.
Diese Zahl ist für Pilz zu hoch angesetzt, er geht von maximal der Hälfte aus. Auch Mitterlehner hält 100 Millionen Euro für zu hoch gegriffen. Es müsse abgegrenzt werden, welche Investitionen abgegolten werden - etwa Glastrennwände und Klimaanlagen.
Leitl: "Generelles Rauchverbot behebt Problem nicht"
Ein generelles Rauchverbot würde laut Hinterleitner vom Wirtschaftsbund ein Wirtshaussterben am Land sowie Schließungen von Beisln am Eck zur Folge haben. Er verweist auf Deutschland, Irland und Großbritannien, in denen viele Lokale zugesperrt hätten. Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl betont, dass ein generelles Rauchverbot alleine in der Gastronomie bloß eine Verlagerung des Rauchens in Vereinslokale, Zeltfeste, Klubs oder Privaträume bewirken, nicht aber das Problem beheben würde. Insbesondere kleine Wirte und Landgasthäuser würden aber ein generelles Rauchverbot nur schwer schultern können.
Dem widerspricht Mitterlehner: Rauchverbote wie in Bayern würden keinerlei Umsatzeinbußen zeigen. "Jeder Gegner soll ein Rauchverbot in seinem Lokal fünf Wochen probieren."