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Die Zeit frisst das Ziel

Von Simon Rosner

Politik

Eine Woche vor Fristende sind sechs Bundesländer von dem Quotenziel entfernt. Was dann?


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Wien. "Wir rennen bis zum Geht-nicht-mehr", erzählt Martina Berthold. Die grüne Landesrätin ist in Salzburg für die Unterbringung von Asylwerbern zuständig, seit Monaten hinkt das Land dem Bedarf hinterher. Kaum sind neue Plätze geschaffen, steigen auch schon wieder die Asylwerberzahlen. "Vorgestern hätten wir 2020 Flüchtlinge laut Quote zu versorgen gehabt, gestern waren es dann 2030", sagt Berthold.

Salzburg ist eines von sechs Bundesländern, das eine Woche vor Ende der (selbst auferlegten) Frist am 31. Jänner die Quote nicht erfüllt. Nur Wien, Niederösterreich und die Steiermark tun dies derzeit, Salzburg kommt auf 86,5, Tirol gar nur auf 81 Prozent. Laut Vereinbarung mit dem Bund müssen alle Asylwerber, die zu einem Verfahren in Österreich zugelassen sind, von den Bundesländern versorgt werden, wobei sich die Quote nach der Bevölkerungsgröße der Länder richtet.

Die Quote ist in absoluten Zahlen jedoch ein fluider Wert. Der Dezember war mit mehr als 4100 Asylanträgen der antragsstärkste Monat des Vorjahres, wodurch sich auch der Bedarf für die Länder erhöht hat. Eine Quotenregelung ist in der Praxis allerdings alternativlos. Bevor die gegenwärtige Vereinbarung vor zehn Jahren in Kraft getreten ist, sind bei einem Anstieg von Flüchtlingszahlen viele Asylwerber effektiv auf der Straße gestanden.

Optimismus bei Ländern

Noch geben sich die Länder bemüht und optimistisch, die säumigen Länder Salzburg, Tirol und das Burgenland vermelden auch neue Unterkünfte, die nach einigen Umbauten in der kommenden Woche bezugsfertig sein sollen. Doch die Zeit drängt und täglich kommen neue Flüchtlinge. Sollte die Erfüllung der Quote bis Ende Jänner nicht erreicht werden, wäre das für die Landeshauptleutekonferenz jedenfalls eine Blamage, denn erst Mitte November wurde von allen Landeschefs das große Versprechen abgegeben, die Quote zu erfüllen. Und in der Regel rühmen sich die Landeschefs ihrer Handschlagqualität. Was also, wenn nicht?

Aus dem Büro von Erwin Pröll, der gegenwärtig den Vorsitz führt, heißt es, dass in diesem Fall eine außerordentliche Landeshauptleutekonferenz einberufen werde. Die würde das Problem freilich nicht sofort lösen, es ist aber anzunehmen, dass es dabei etwas lauter werden dürfte. Pröll hat wegen der Überfüllung des Erstaufnahmezentrums in Traiskirchen, wo derzeit wieder 1700 Asylwerber auf Übernahme durch die Bundesländer warten, schon mehrfach die Geduld verloren, und Wiens Bürgermeister Michael Häupl grantelte im September öffentlich, dass "wir nicht die Deppen der Nation sind", als das Innenministerium in der Hauptstadt rund 500 Asylwerber zusätzlich unterbrachte.

Westen fordert mehr Geld

Diese Quartiere in der Spittelau und in Erdberg waren als ein Provisorium eingerichtet worden, das Ende Jänner ausläuft. Eigentlich. Doch in Österreich ist nicht nur einmal aus einem Provisorium eine fixe Einrichtung geworden.

Was sich jedoch seit dem deutlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen seit Sommer verändert hat, ist die Bereitschaft von Gemeinden und der Bevölkerung, Asylwerbern Unterkunft zu bieten. "Wir erleben viel mehr Solidarität und Unterstützung", sagt Landesrätin Berthold. "Es ist aber nicht leichter geworden, schnell Quartiere umzusetzen."

Nicht alle angebotenen Quartiere entsprechen den Mindeststandards, auf die sich die Länder im Vorjahr geeinigt haben. Wobei aufgrund des Drucks gewisse Ausnahmen gemacht werden. "Wenn es schimmelt, kann man das nicht akzeptieren, aber ich habe jetzt für ein Quartier begrenzt bis September die Erlaubnis gegeben, dass dort mehr als fünf Personen pro Raum wohnen dürfen", sagt Berthold. Es ist eine Art Kompromiss zwischen Qualität und Quantität.

Die drei westlichen Bundesländer, die mit Stand Donnerstag alle deutlich von der Quotenerfüllung entfernt waren, klagen über den Kostenersatz von derzeit 19 Euro pro Asylwerber pro Tag für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung. Das sei für die westlichen Bundesländer zu wenig, sagt Berthold. Den Ländern steht es freilich offen, aus dem eigenen Budget zuzuzahlen. Doch Berthold sagt: "Dafür finde ich keine Mehrheiten."

Was den Ländern als Option noch bleibt, ist Gemeinden und Bezirke zu verpflichten, Quartiere zur Verfügung stellen. Nach wie vor haben fast 1900 Gemeinden in Österreich keinen einzigen Platz für Asylwerber zur Verfügung gestellt. Von insgesamt knapp 2350 Gemeinden in Österreich.