Zum Hauptinhalt springen

Die Zeitung als Kuhhändler

Von Christoph Rella

Politik

Expertenrunde: Unabhängigkeit der Medien in Gefahr. | Wien. Gerät die Demokratie zu Wahlkampfzeiten durch Politik und Medien in Stress? Soll heißen: Erleidet sie Schaden?


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

SPÖ-Kampagnenchef Mariusz Jan Demner sieht das nicht so. Eher seien es die Medien und die Werbeleute selbst, die zu Wahlzeiten unter Stress leiden, erklärte er im Rahmen des Forum Concordia vor Journalisten in Wien. "Heute können die Menschen wie im Supermarkt zwischen Angeboten wählen." Je verständlicher die Botschaften, desto weniger Stress hätten die Bürger bei ihrer Wahl, so Demner.

Anders sieht dies Markus Gull, Wahlstratege der ÖVP: Es sei der "mangelnde Anstand" bestimmter Politiker und Medien, die den Stress erzeugten, sagte Gull und nannte die Rolle der "Kronen Zeitung" als Beispiel.

Stressfaktor "Krone"

So würde das Kleinformat bewusst eine Kampagne gegen eine Partei fahren - frei nach dem Grundsatz: "Je stärker ich bin, desto mehr habe ich recht".

In dieselbe Kerbe schlug auch der Vorsitzende der Initiative "Qualität im Journalismus", Andreas Koller. Das, was die "Kronen Zeitung" seit Wochen biete, sei "keine Berichterstattung, sondern Parteinahme". Das Hauptproblem sieht Koller in der Tatsache, dass das Massenblatt Themen kampagnisiere, die für die Menschen "gar nicht essentiell" seien. "Wenn ich oft genug wiederhole, wie pfui doch die EU ist, glauben das die Leute am Ende", so Koller.

Astrid Zimmermann vom Medienhaus Wien wiederum bedauerte, dass solche Regelverstöße während des Wahlkampfes von den Wählern eher entschuldigt würden. Dies trage dazu bei, dass sich Medien und Politik über "Deals" verständigen, die beiden Seiten Nutzen bringen. Die ethischen Grundsätze würden somit der "Exklusivität" geopfert.

Für den Medienpsychologen Peter Vitouch ist der Stress hingegen auf die zunehmende Individualisierung der Wahlkämpfe zurückzuführen. Wählte man früher noch Ideologien, so zählten heute Personen.