Umstieg auf erneuerbare Energien benötigt konkreten Budgetpfad und rechtliches Rahmenwerk.
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Wien. Keine Kohle, kein Erdöl und kein Erdgas mehr importieren will die österreichische Bundesregierung. In ihrem am Dienstag präsentieren Entwurf zur Klima- und Energiestrategie will sie Strom bis 2030 und Wärme bis 2050 zur Gänze aus erneuerbaren Energien speisen. "Die Ziele sind ambitioniert, unbedingt notwendig und je früher wir beginnen, desto besser. Aber es wird nicht von allein passieren. Wenn die Politik der Sache weiterhin so viel Aufmerksamkeit schenkt wie in den letzten Jahren, wird sich nicht viel tun", sagt Peter Biermayr von der Energy Economics Group der Technischen Universität Wien.
Zur Umsetzung fassen die beiden Ministerien für Verkehr und Umwelt in dem Papier "Leuchtturmprojekte" ins Auge. Heizung und Warmwasser in Gebäuden verursachen derzeit 16 Prozent der Treibhausgasemissionen und machen zusammen mit Kühlungen 27 Prozent des Energiebedarfs aus. Sie sollen umweltfreundlicher laufen. Bis 2030 soll die Zahl der 700.000 Ölheizungen in Österreich halbiert werden, indem ab 2020 in Neubauten keine Ölheizungen mehr eingebaut werden. Spätestens ab 2025 sollen bestehende Ölheizungen durch umweltfreundliche Systeme ersetzt werden, die sich aus Sonnenenergie oder Biomasse speisen.
Die Kraft der Sonne soll auch ins Stromnetz fließen: Im Rahmen des "100.000 Dächer Photovoltaik und Kleinspeicher Programms" soll Energie auf Österreichs Dachflächen gewonnen werden. Derzeit gibt es hierzulande 125.000 Photovoltaik-Anlagen, die jährlich 400.000 Tonnen CO2 einsparen. Eine Investitionsförderung soll Anreize für den Bau neuer Anlagen bieten. "In Zukunft werden Gebäude nicht nur hohe energetische Standards aufweisen, sondern aktiv zur Bereitstellung von Energie und deren Speicherung für die Eigenversorgung beitragen", heißt es in dem Entwurf.
"Die Ziele sind nicht neu", kommentiert Florian Maringer vom Dachverband Erneuerbare Energie Österreich die Pläne. Dass 100 Prozent erneuerbare Energien in Österreich eine Herkules-Aufgabe seien, sei "eine Mär. Seit Jahren versorgt sich Österreich zu einem Drittel, im Bereich Strom sogar zu zwei Drittel aus Wind, Sonne Wasserkraft oder Biomasse. Aber wir bewegen uns nicht von der Stelle. Was wir bräuchten, wäre ein klarer Aufbaupfad, wie wir die Energieimporte ersetzen", sagt Maringer, der die Berichte "Stromzukunft 2030" und "Wärmezukunft 2030" mitverantwortet.
Allein mit Windkraft könnte Österreich ein Viertel seines Energieverbrauchs decken. Derzeit sind es aber nur zehn Prozent, erklärt er. Für einen Ausbau würden jedoch "Investitionssicherheit in Form eines gesicherten Budgetpfades und stabile rechtliche Rahmenbedingungen fehlen. Ohne sie haben wir bisher nur Stehsätze, ein Regierungsvorhaben ist noch lange keine Garantie."
Thermische Sanierung
Biermayr hält die Ziele für erreichbar, räumt allerdings ein, dass gleichzeitig der Energieverbrauch sinken müsse, "weil dieser am anderen Ende durch den Umstieg auf Elektromobilität steigt."
Umweltministerin Elisabeth Köstinger setzt vorerst bei Gebäuden an. Bis 2030 sollen die Emissionen um ein Drittel gesenkt werden, bis 2050 sollen sie möglichst CO2-frei sein. Erreicht werden soll dies über thermische Sanierung, und zwar indem die Sanierungsrate zwischen 2020 und 2030 von derzeit 0,8 auf mehr als zwei Prozent klettern soll. Umweltministerin Köstinger fasst insbesondere Wohn- und Bürohäuser aus den 1950er bis 1980er Jahren ins Auge. In diesem Zusammenhang solle die Bundesförderung der Wohnbausanierung evaluiert werden, heißt es in dem Entwurf. Wifo-Energieexpertin Angela Köppl sieht eine Evaluierung der Wohnbauförderung als "grundsätzlich sinnvoll". Es sei jedoch zu bedenken, dass sie nur einen Teil der Gebäude erfasse, da es auch viele Büro-, Geschäfts- und Industriegebäude gebe sowie den nicht geförderten Wohnbau. Sie plädiert für Standards und Regulierungen zur Umsetzung.