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Die Zukunft der Arbeit hat längst begonnen

Von Andreas Zakostelsky

Gastkommentare
Andreas Zakostelsky ist Generaldirektor der VBV-Gruppe und CEO der VBV-Vorsorgekasse.
© CC BY-SA 4.0 / Carinii / Richard Tanzer

Die Einstellung zum Thema Arbeit hat sich radikal verändert. Nachhaltigkeit hat eine starke soziale Dimension.


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Der Mensch als Ressource - diese Auffassung ist schon lange nicht mehr zeitgemäß. Aber gerade in den vergangenen Jahren rund um die Corona-Pandemie hat sich die Einstellung in unserer Gesellschaft zum Thema Arbeit radikal verändert - ob zum Positiven, wird sich zeigen. Fakt ist, dass Unternehmen heute mehr denn je gefordert sind, ihre Rolle als Arbeitgeber nachhaltiger zu gestalten. Gemeint ist hier die soziale Dimension von Nachhaltigkeit. Diese stand in den vergangenen Jahren aufgrund des Klimawandels ein wenig im Schatten des Umweltaspektes. Aber in Zeiten des Personalmangels rückt die soziale Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit den Veränderungen in der Arbeitswelt nun verstärkt in den Mittelpunkt. Es braucht gezielte Handlungen.

Vor wenigen Jahren titelten Zeitungen: "Wie uns Computer und Roboter die Arbeit wegnehmen" - heutzutage müsste man eher in vielen Bereichen fragen: "Wo sind die denn alle hin?" Was ist da passiert? Wie konnten sich die Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt innerhalb weniger Jahre so grundlegend ändern? Nun, Corona hat eine Entwicklung in vielen Ländern Europas beschleunigt, die uns allen schon bekannt war: die Veränderung der Bedingungen, wie wir arbeiten wollen beziehungsweise müssen.

Warum arbeiten Menschen überhaupt? In erster Linie geht es um die Finanzierung unseres Lebensunterhalts. Dafür, dass man im Erwachsenenleben den Großteil des Tages mit Arbeit verbringt, wäre das als alleiniger Grund allerdings ernüchternd. Die Menschen suchen Sinn in dem, was sie tun. Die Ansprüche sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Arbeitnehmende erwarten sich Vertrauen bei ihren Tätigkeiten und fordern gleichzeitig immer öfter Verantwortung von ihren Arbeitgebern - zum Beispiel beim Klimaschutz. Es geht aber auch um Verantwortung im sozialen Kontext - und hiermit meine ich nicht traditionelle CSR-Ansätze (Corporate Social Responsibility), sondern zum Beispiel die Hinwendung zu Sustainable Work: also neue Formen der Arbeit, die die menschliche Entwicklung fördern und gleichzeitig ökologische Nebenwirkungen minimieren. Daraus folgt, dass sich Berufsbilder verändern (zum Beispiel hin in Richtung Green Jobs) und manche Tätigkeiten zur Gänze verschwinden müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Und ich meine auch die eine oder andere Überlegung zu Post-Work: Es wird in der Zukunft sicher auch immer wieder einmal die Dominanz von Erwerbsarbeit in modernen Gesellschaften diskutiert werden müssen.

Eine langfristige Perspektive im Unternehmen bieten

Ich denke, es gibt darüber hinaus noch viele Visionen für die Arbeit der Zukunft. Wir befinden uns allerdings bereits in einer Art Übergangsphase. Diese Transformation wird nicht von heute auf morgen geschehen - auch wenn Corona einige erste Schritte beschleunigt hat. Unternehmen sind gut beraten, aktiv zu gestalten. Wie das konkret geht? Zum Beispiel, indem man als Unternehmen immer wieder hinterfragt, welche Bedürfnisse, Probleme und Wünsche die Mitarbeitenden haben und welchen Mehrwert das Unternehmen hier in Hinblick auf Nachhaltigkeit bieten kann.

Nachhaltigkeit in Bezug auf Arbeit bedeutet für mich konkret, ein Arbeitsumfeld und -klima zu schaffen, das die Bedürfnisse der Mitarbeitenden berücksichtigt. Nachhaltig ist es, wenn Mitarbeitende langfristig eine echte Perspektive im Unternehmen haben - nicht nur einen Vertrag. Dazu kommt ein soziales Umfeld - also nicht nur triviale Benefits, wie zum Beispiel Gutscheine fürs Fitness-Center, sondern auch hier langfristige nachhaltige Ansätze in der Gesundheitsvorsorge oder in der betrieblichen Altersvorsorge (Zusatzpensionen). Die Zukunft der Arbeit richtet sich also nicht wie bisher nach einem wirtschaftlich optimal konstruierten System, sondern viel stärker nach den Menschen in diesem System.

Politische Weitsicht ist gefordert

Wie skizziert, sind auch in Österreich die Grundzüge einer Transformation zu erkennen. Allerdings wird die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen Arbeitswelt von selbst nicht schnell genug gehen. Es braucht dazu die Unterstützung der bisher immer sehr erfolgreichen Sozialpartnerschaft - und es bedarf auch der politischen Weitsicht. Das ständige Ressortdenken und reine Löschen von tagespolitischen Feuern führt zu keinen nachhaltigen Veränderungen. Das Thema Arbeit muss ganzheitlich und langfristig gedacht werden - es wäre im Interesse des Standortes Österreich dringend an der Zeit.

Veranstaltungstipp:

Online-Diskussion "VBV im Diskurs"
31. Jänner, 14.30 bis 16 Uhr
Der Generaldirektor der VBV-Gruppe, Andreas Zakostelsky, diskutiert mit der ehemaligen deutschen Staatssekretärin Annette Niederfranke (Direktorin International Labour Organization - ILO), dem Nationalratsabgeordneten und Gewerkschafter Josef Muchitsch (SPÖ), der Generalsekretärin des Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft, Eva Landrichtinger, sowie Hans Biemans, einem Experten für soziale Taxonomie, und anderen Expertinnen und Experten über die Zukunft der Arbeit. Info & Anmeldung hier.