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Die Zukunft der Arbeitswelt: Diversität und Inklusion

Von Gregor Demblin

Gastkommentare
Gregor Demblin ist Gründer der sozialen Unternehmensberatung myAbility mit Sitz in Wien, die internationale Unternehmen und Organisationen dabei unterstützt, erfolgreiche Inklusionsstrategien aufzusetzen.
© Renee Del Missier

Der Druck auf Unternehmen steigt: Soziale Nachhaltigkeit wird zu einer Überlebensfrage.


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Wie wird die Arbeitswelt von morgen aussehen? Diese Frage entscheidet sich derzeit - und dabei geht es um weit mehr als bloß Homeoffice und Zoom-Meetings. Das World Economic Forum sieht mit gutem Grund für die Zeit nach der Pandemie einen "Great Reset" vor. Auch der Arbeitsmarkt wird sich in den kommenden zehn Jahren dramatisch verändern. Viele Arbeitsplätze werden aufgrund von Automatisierung und Robotik wegfallen. Expertinnen und Experten sprechen bereits von einer drohenden sozialen Krise gewaltigen Ausmaßes. Ein Thema rückt dadurch in den Vordergrund, das in der Vergangenheit vernachlässigt wurde: die soziale Nachhaltigkeit.

Das Bewusstsein darüber hat eine überraschende Allianz auf den Plan gerufen. Sowohl von EU-politischer Seite als auch von Seite der Investorinnen und Investoren wird Druck auf die Wirtschaft ausgeübt, Standards der sozialen Nachhaltigkeit zu etablieren, bevor es zu spät ist. So arbeitet die EU-Kommission nach Fertigstellung der Klima-Taxonomie-Verordnung an ähnlichen Standards für soziale Nachhaltigkeit. Auch der weltgrößte Investmentfonds BlackRock implementiert soziale Kennziffern für seine Investments und findet Nachahmer bei Banken und Investoren.

Soziale Nachhaltigkeit - und damit Themen wie Diversität und Inklusion von Menschen mit Behinderungen - wird also für die Wachstums- und Risikobetrachtung von Unternehmen immer relevanter. Positive Maßnahmen zu setzen und diese auch dokumentieren zu können, wird zu einer Überlebensfrage. Ich halte das für eine wichtige und begrüßenswerte Entwicklung. Seit zehn Jahren beschäftige ich mich im Rahmen der Beratungstätigkeit von myAbility mit Inklusion und Diversität. Ein großer Teil unserer Arbeit besteht darin, die wirtschaftlichen Vorteile von Inklusion auf allen Ebenen der Unternehmen messbar zu machen. Inzwischen bemerken wir einen klaren Trend: Vor dem wachsenden Bewusstsein über die Konsequenzen des Strukturwandels werden Inklusion und Diversität immer häufiger in den Vorstandsetagen zum Thema. So sagen mittlerweile 85 Prozent der von PwC befragten CEOs, dass ihr Unternehmenserfolg sich mit der Einführung von Inklusions- und Diversitätsstrategien verbessert habe. Das ist ein klares Signal.

Während das Bewusstsein um die Wichtigkeit also steigt, fehlt es aber dem überwiegenden Teil der Unternehmen im deutschsprachigen Raum an einer ganzheitlichen Strategie. Sowohl bei der Erfassung des Status quo als auch bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen tappen die Unternehmen großteils im Dunkeln. Oft liegt das an übernommenen Bildern, die Themen der sozialen Nachhaltigkeit im Bereich "nice to have" und Charity ansiedeln.

Diese Sichtweise könnte sich fatal auswirken, denn die bevorstehende Pflicht zur Veröffentlichung messbarer Unternehmensstandards zur sozialen Nachhaltigkeit wird sich direkt auf den Lebensstrom der Unternehmen auswirken: auf den Zugang zu Liquidität. Höchste Zeit also für Unternehmen, sich möglichst rasch mit dem strategischen Management von Inklusion und Diversität zu beschäftigen.