Die USA installieren erstmals eine | Laserkanone auf einem Kriegsschiff.
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Washington. Wenn man durch das Space&Rocket-Center im amerikanischen Huntsville spaziert, kann man nur allzu leicht den Eindruck bekommen, dass die besten Zeiten bereits vorbei sind. Wo Wernher von Braun und sein deutsches Ingenieursteam nach dem Zweiten Weltkrieg das amerikanische Raketenprogramm aus der Taufe hoben und mit dem ersten Mann auf dem Mond letztendlich die Ehre und das Selbstbewusstsein der Nation wiederherstellten, stehen heute die Überreste dieser noch immer überaus sentimental betrachteten Epoche ungeschützt im Freien. Überall hat die Zeit hier ihre Spuren hinterlassen. Auf den langen Zylindern, mit denen man einst unter großem Risiko das All erobert hatte, finden sich braune Rostspuren, von den Interkontinental- und Luftabwehrraketen splittert der Lack.
Doch das Space&Rocket Center, das nicht nur eine der größten Touristenattraktionen Alabamas ist, sondern nach wie vor ein riesiges aktives Forschungszentrum beheimatet, zeigt auch einen Blick in die Zukunft. In einer gesponserten Ausstellung demonstriert Amerikas militärisch-industrieller Komplex hier, wie er sich das Schlachtfeld künftiger Kriege vorstellt. Zu sehen sind da unter anderem der mit allerlei elektronischen Gimmicks vollvernetzte GI oder neue High-Tech-Körperpanzerungen. Die größte Revolution erwarten die Rüstungskonzerne aber von einer Waffe, die der Idee nach gar nicht so neu ist: Die Laserkanone, die seit Jahrzehnten zum ebenso fixen wie bunten Instrumentarium der Sciene-Fiction-Autoren gehört, soll künftig viele Aufgaben übernehmen, die bisher von Raketen verrichtet wurden, sei es nun die Abwehr herannahender Marschflugkörper oder die Bekämpfung feindlicher Schiffsverbände.
Dass das alles andere als ferne Zukunftsmusik ist, zeigt ein Pilotprojekt, das von der US Navy in dieser Woche vorgestellt wurde. Im kommenden Jahr soll demnach auf dem im Persischen Golf operierenden Landungsschiff "Ponce" eine Laserkanone installiert werden, die im Rahmen von mehreren Testreihen bereits erfolgreich langsam fliegenden Drohnen und kleine Patrouillenboote zerstören konnte. Das LAWS (Laser Weapon System) agiert dabei gewissermaßen wie ein gigantischer Schneidbrenner, der das anvisierte Zielobjekt nicht sofort vernichtet, sondern durch die enorme Hitzentwicklung sukzessive zerstört beziehungsweise zum Absturz bringt. Zudem soll es möglich sein mit einem schwächer eingestellten Laserstrahl, lediglich die technischen Geräte des Gegners zu zerstören. Die US-Militärs hätten damit ein gelinderes Mittel in der Hand, wenn sie nicht bis zum Äußersten gehen wollen.
Eklatante Kostenersparnis
Angesichts des bisherigen Tests gibt sich die US-Marine bereits überaus euphorisch. So spricht etwa Peter Morrision, der zuständigen Programm-Manager , von der Realität gewordenen Zukunft und "einem großen Schritt nach vorn in der Umwälzung der modernen Kriegsführung - so wie Schießpulver im Zeitalter der Messer und Schwerter". Doch wie berechtigt ist diese Euphorie? Das US-Militär verfügt über eine lange Tradition, wenn es darum geht, neue technische Entwicklung als Quantensprung in der Kriegsführung schönzureden, obwohl sich eine Vielzahl der vermeintlich Innovationen - von der "Krieg der Sterne"-Vision SDI bis hin zum AIEWS-System zur elektronischen Kampfführung - nur wenig später in der Mottenkiste der Militärgeschichte wiederfanden.
Im konkreten Fall sprechen allerdings auch vergleichsweise unvoreingenommene Institutionen wie das Congressional Research Service, das vor kurzem eine Studie zu den Laserwaffen vorgelegt hat, von einem Paradigmenwechsel. Das Laws werde eine ähnliche Revolution bringen wie die Einführung der Schiffsraketen in den 50er Jahren.
Für die Laserkanone spricht laut der Studie vor allem das Kostenargument. Während eine konventionelle Luftabwehrrakete bis zu 1,4 Millionen Dollar kostet, schlägt sich ein Schuss mit dem Laws lediglich mit einigen Dollar zu Buche. Hinzu kommt, dass mit der Laserkanone praktisch beliebig oft gefeuert werden kann, während die Ladekapazität für Raketen an Bord eines Schiffes begrenzt ist. Das Waffensystem selbst ist mit 32 Millionen Dollar zudem vergleichsweise günstig und der Preis könnte noch deutlich sinken, wenn in größeren Stückzahlen produziert wird. In Zeiten, in denen die Politik von ihnen rigorose Einsparungen erwartet, klingt das in den Ohren der Generäle wie Musik.
Allerdings kämpft das Laws auch noch mit einigen Unzulänglichkeiten. So ist die Laserkanone, die noch stark genug ist, um gegen Raketen oder Kampfjets eingesetzt zu werden, im Augenblick vor allem eine "Schönwetterwaffe", deren Zielgenauigkeit durch Nebel, Rauch oder Staub deutlich eingeschränkt wird. Und konstruktionsbedingt lassen sich Objekte, die nicht direkt anvisiert und verfolgt werden können, nicht bekämpfen.
Doch für die nächsten ein, zwei Jahre hat die Navy wohl ohnehin nur Kleineres im Sinn. Im Persischen Golf, wo die "Ponce" mit ihrer Laserkanone unterwegs sein wird, hat die US-Marine im wieder mit Provokationen durch Schnellboote der iranischen Revolutionsgarden zu tun. Genau gegen diese Art von Gegner hatte sich das Lasersystem während der Tests ja als überaus effizient erwiesen.
Und auf lange Sicht stehen die Chancen wohl nicht schlecht, dass das Laws im Rocket-Center von Huntsville einmal neben den ersten Luftabwehrraketen als Meilenstein der US-Militärgeschichte stehen wird.