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FWF gewährt Anschubfinanzierung für österreichische Open-Access-Projekte.
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Wien. Wissenschaftszeitschriften wie "Nature" oder "Science" könnten schon bald der Vergangenheit angehören, denn die Zukunft in der wissenschaftlichen Publikation heißt Open Access. Das bedeutet, dass jeder Interessierte Forschungsarbeiten über das Internet entgeltfrei nutzen darf.
Die Online-Fachzeitschrift "Plos One" der Public Library of Science gibt international die Richtung vor und ist die weltweit größte Fachzeitschrift ihrer Art. Auch Österreich soll auf diesen Zug aufspringen und nach Möglichkeit zu einem renommierten Online-Fachblatt kommen.
500.000 Euro zur Verfügung
Als Unterstützer und Open-Access-Vorreiter ruft der Wissenschaftsfonds FWF nun die heimischen Institutionen und Wissenschafter der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK) dazu auf, aktiv zu werden. Der Fonds bietet eine "Anschubfinanzierung" für den Zeitraum von maximal drei Jahren für jene Fachzeitschriften, "von denen erwartet werden kann, dass sie das Potenzial haben, in absehbarer Zeit ein hohes internationales Renommee in der jeweiligen Scientific Community aufbauen zu können", wie FWF-Präsident Christoph Kratky am Donnerstag im Rahmen eines Hintergrundgesprächs mit Journalisten betonte.
Für das gesamte Förderprogramm stehen 500.000 Euro zur Verfügung, wobei davon ausgegangen wird, dass pro Antrag etwa 50.000 Euro investiert werden. In Österreich handelt es sich dabei um ein Experiment mit zweistufigem Verfahren, erklärte der Open-Access-Experte im FWF, Falk Reckling. Am Beginn steht die Möglichkeit einer Interessensbekundung bis April 2013. Nach der Begutachtung soll Mitte Mai die Einladung für Vollanträge erfolgen, eine Entscheidung Ende kommenden Jahres fallen. Nach den drei Jahren Anschubfinanzierung muss schließlich eine nachhaltige finanzielle Trägerschaft gesichert sein, so Reckling. Gefördert werden ausschließlich hochqualitative Initiativen, gleich ob Neugründungen oder neue Open-Access-Initiativen bestehender Publikationen.
Kratky richtete bei der Gelegenheit einen Appell an die Österreichische Akademie der Wissenschaften und die heimischen Universitäten, sich zusammenzuschließen, um eine international renommierte Publikation hervorbringen zu können. Den Experten schwebt etwa eine "Austrian Academy Press" oder eine "Austrian University Press" vor. Ein langfristiges Ziel sei ein Renommee vergleichbar mit der "Oxford University Press".
Eines ist für Kratky klar: "Wenn die öffentliche Hand fördern will, kann es nur qualitätsgesichert sein." Knackpunkt werde die Zusammensetzung des Herausgeber-Gremiums (Editorial Board) sein. Hier gelte es, "internationale Kapazunder" an Land zu ziehen, die gemeinsam mit einer charismatischen Persönlichkeit aus Österreich mit ihrem Namen für die Publikation stehen.
Reckling geht davon aus, dass sich die Open-Access-Zeitschriftenlandschaft in den nächsten 20 Jahren rapide entwickeln wird. Denn es "steht ein Generationsumbruch bevor" und gerade für die Geisteswissenschaften gebe es ein enormes Potenzial. Das Online-Portal bietet auch den Vorteil, etwa 3D-Animationen oder Videos über Experimente einbinden zu können.
Derzeit sind viele wissenschaftliche Erkenntnisse nur über kostenpflichtige Zeitschriften beziehungsweise Datenbanken zugänglich. Bibliotheken und wissenschaftliche Einrichtungen klagen über deren hohe Anschaffungskosten.
Grüner und Goldener Weg
Bei Open Access wird zwischen zwei Zugängen unterschieden. Der "Grüne Weg" bezeichnet die Archivierung durch die Wissenschafter von in klassischen Zeitschriften erschienen Postprints auf frei zugänglichen Homepages beziehungsweise in institutionellen Archiven - eine Art elektronischer Bibliotheken. Beim sogenannten "Goldenen Weg" wird der wissenschaftliche Artikel in einer Zeitschrift, die der Allgemeinheit frei zugänglich ist, veröffentlicht.
Zunehmend State of the Art
Immer mehr Forscher würden in Open-Access-Journalen publizieren, weil nach einem notwendigen zeitlichen Verlauf mehr und mehr dieser Zeitschriften an Renommee gewonnen haben, wie bei "Plos one" zu sehen ist.
"Open Access wird sowohl auf europäischer als auch auf internationaler Ebene zunehmend State of the Art", vor allem auch durch den vorherrschenden Generationenwechsel in der Wissenschaftscommunity, erklärte Barbara Weitgruber, Leiterin der Forschungssektion im Wissenschaftsministerium. Mit der Initiative sollen auch die heimischen GSK eine "Internationalisierung" erfahren und der Wissenschaftsstandort gestärkt werden.
Laut Reckling gibt es in Österreich rund 260 wissenschaftliche Zeitschriften, etwa 60 Prozent davon aus dem GSK-Bereich. Derzeit erscheinen drei Fachblätter Open Access. Darunter das "Vienna Yearbook of Population Research" und das "Living Reviews in European Governance".