Angesichts der rasanten Entwicklung von KI ist die Politik gefordert.
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Der jüngste Erfolg von ChatGPT des Herstellers OpenAI zeigt: Künstliche Intelligenz hat unseren Alltag erreicht. Und die aktuelle PwC-Studie zu ChatGPT und KI in Österreich bestätigt: Auch im Schulalltag ist KI bereits angekommen. Die Studie unter 1.001 heimischen Befragten zeigt auf, dass mittlerweile 18 Prozent der Befragten ChatGPT nutzen oder bereits genutzt haben. Dabei ist ChatGPT vor allem bei Jüngeren beliebt: Rund ein Drittel (34 Prozent) der sogenannten Generation Z (12- bis 28-Jährige) gibt an, das KI-Tool zu nutzen.
Das liegt wohl daran, dass Schülerinnen und Schüler sowie Studentinnen und Studenten die Vorteile von ChatGPT für sich entdeckt haben. So wird das KI-Tool bereits für schulische Zwecke vielfach genutzt oder soll dafür zukünftig verstärkt verwendet werden: etwa als eine Art virtueller Lehrer, der komplexe Sachverhalte einfach erklärt, um sich auf Prüfungen besser vorbereiten zu können (57 Prozent), zum Verfassen schriftlicher Arbeiten wie Hausarbeiten und Referate (38 Prozent) sowie zum Schummeln bei Prüfungen (33 Prozent).
Das ist vielleicht einer der Gründe, warum fast drei Viertel der Österreicherinnen und Österreicher (73 Prozent) meinen, der zunehmende Einsatz von KI-Anwendungen wie ChatGPT könnte sich negativ aufs Bildungsniveau junger Menschen auswirken. Folglich sind 64 Prozent dafür, den Einsatz von ChatGPT & Co. an Schulen, Universitäten und anderen Bildungseinrichtungen zu verbieten.
Die Skepsis gegenüber Neuem ist völlig normal
In der Geschichte der Menschheit ist die Skepsis gegenüber Neuem fest verankert. Dem elektrischen Strom, der Dampflokomotive und vielen weiteren - heute unverzichtbaren - Entwicklungen wurden gar gesundheitsgefährdende Aspekte zugeschrieben. Was die KI betrifft, ist eine gewisse Aufmerksamkeit aber tatsächlich notwendig, denn die Auswirkungen des Durchbruchs von ChatGPT oder Bildgeneratoren-Tools wie Dall-E werden enorm sein.
Als Gesellschaft tun wir uns allerdings keinen Gefallen, wenn wir davor die Augen verschließen - ganz im Gegenteil: Wenn wir die Zukunft mitgestalten möchten, müssen wir aktiv diskutieren, welche Rahmenbedingungen es für Entwicklung und Einsatz von KI geben soll.
Wir müssen selbst kompetenter werden und im Bildungsbetrieb endlich den seit Jahrzehnten fälligen Modernisierungsschub ermöglichen. Kinder sollen mit KI aufwachsen, diese aktiv nutzen und im späteren Berufsleben weiterentwickeln. Sie sollen verstehen und mitdiskutieren, in welchen Lebensbereichen wir Technologie wollen und in welchen nicht.
Europa hat vor 20 Jahren das Internet verschlafen, heute bewegen wir uns vorwiegend auf technischen Plattformen aus den USA. Jene hochbezahlten Jobs der Wissensgesellschaft, die in Europa anzusiedeln unserer Politik vermeintlich so wichtig war, gibt es nun in Indien, in China und im Silicon Valley. Wir bewegen uns auf eine immer stärker technologieunterstützte Welt zu: Nur wenn wir gegenüber Themen wie KI die Augen öffnen, können wir als Kontinent wirtschaftlich relevant bleiben und Wertschöpfung und Jobs schaffen.
Europa und Österreich riskieren, den Anschluss zu verpassen. Denn ohne Zukunftskompetenzen und die Fähigkeit, KI und andere Technologien nicht nur zu kennen, sondern auch zu meistern und richtig anzuwenden, werden unsere Kinder schlechtere Berufsaussichten haben als die Generationen vor ihnen. Der seit Jahrzehnten aufgeschobene Modernisierungsschub an den Schulen wird zur Standortfrage, die über unseren künftigen Wohlstand entscheidet. Je schneller die Entwicklungen im Bereich KI voranschreiten, umso lauter und dringlicher müssen wir diese Standortfrage stellen - und als Gesellschaft beantworten.