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Wenn vier Wahlgänge innerhalb weniger Wochen zu schlagen sind, ist es naheliegend, dass anschließend die große Suche nach Gewinnern und Verlierern ausbricht - zumal ja noch der Höhepunkt dieses Wahljahres, die Nationalratswahlen, anstehen. Die Nabelschau der eigenen Befindlichkeiten zählt nicht umsonst zur liebsten Beschäftigung des Politikbetriebs, die Medien mit eingeschlossen.
Dennoch irritiert die Nonchalance, mit der über die signifikanteste Gemeinsamkeit der drei Landtagswahlen hinweggegangen wird: die auf Tiefststände abgesunkene Wahlbeteiligung. Faktisch hat sich ein Drittel der Bürger davon verabschiedet, wie in Österreich Politik gemacht wird. Und sage jetzt keiner, niedrige Beteiligungsraten seien auch als Zeichen der Zufriedenheit zu interpretieren. In Kärnten stand die Abrechnung mit einem ganzen System zur Wahl, in Salzburg die Aufarbeitung einer ungeheuerlichen Spekulationsaffäre - und mit 75 respektive 70 Prozent erreichte die Wahlbeteiligung beide Male einen Minusrekord. Am tiefsten lag sie übrigens mit 60 Prozent in Tirol - dabei bewarben sich hier so viele und so verschiedene Parteien wie nie zuvor um die Gunst der Wähler.
Hat alles nichts genützt. Und hat, wenn wir uns ehrlich sind, auch niemanden wirklich interessiert. Schließlich, so wird dann gerne argumentiert, liegen wir ja im Vergleich zu anderen europäischen Ländern immer noch ganz gut.
Ja, dann ist ja alles wunderbar.
Dabei ist die wachsende politische Abstinenz nicht immer selbst gewähltes Schicksal, sondern auch logische Konsequenz des erbitterten Kampfs der Parteien um Wähler. Bei sinkender Wahlbeteiligung steigt der relative Wert jeder einzelnen Stimme; ergo geht es darum, das eigene Potenzial möglichst vollzählig an die Urne zu bringen und möglichst viele Wähler der anderen Seite davon abzuhalten.
Ökonomisch betrachtet ist dies für jede Partei eine tadellose Strategie - und uneingeschränkt vernünftig obendrein. Demokratiepolitisch kann man es gar nicht anders nennen als Raubbau an den Fundamenten des Gemeinwesens. Noch dazu bezahlt mit öffentlichen Mitteln.
Harte Auseinandersetzungen gehören zur Politik; tatsächlich hat Österreich eher zu wenige als zu viele davon. Das inkludiert nicht die permanente moralische Diskreditierung politischer Gegner, wie sie an der Tagesordnung ist.