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Die zwei schon wieder

Von Jan Michael Marchart

Politik

Van der Bellen und Hofer stehen vor der Herausforderung, ihre Wähler ein drittes Mal zu mobilisieren.


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Wien. Das Volk wird also zum dritten Mal darüber entscheiden, wer künftig das Amt des Bundespräsidenten ausüben soll. Dem Vernehmen nach dürfte diese Ende September oder Anfang Oktober über die Bühne gehen. Inhaltlich gibt das höchste Amt im Staat wohl eher keinen neuen Stoff für einen Wahlkampf her - zumindest keinen, der nicht schon in den ersten beiden Durchgängen zerpflückt worden wäre. Und auch die Kandidaten werden sich nicht neu erfinden. Die große Herausforderung für Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer wird es aber sein, die Spannung im Wahlkampf wieder hochzufahren und ihre Anhänger ein drittes Mal zur Wahlurne zu bringen.

Tatsache ist: Vor allem für die Wähler von Van der Bellen, dem Sieger der Stichwahl, ist die Wiederholung eine Hiobsbotschaft. Die Parteikassen der Grünen dürften leer sein, mit einem neuerlichen Wahlkampf konnte schließlich keiner rechnen. Die FPÖ dürfte diesbezüglich besser ausgestattet sein. Hinzu kommt, dass die zeitliche Nähe zur nächsten Nationalratswahl, die spätestens 2018 erfolgen wird, den finanziellen Spielraum der Parteien weiter einengt. Van der Bellens Wahlkampfteam hofft vor allem auf private Spender.

Die Kandidaten müssen ihre Wähler aber mit Emotionen locken. Aber woher nehmen, wenn weder das Amt noch die Personen nach zwei langen Wahlgängen diese hervorrufen. Bereits in den vier Wochen zwischen dem ersten Durchgang am 24,. April und der Stichwahl am 22. Mai gab es nichts mehr, was nicht schon thematisiert worden wäre. Die Wähler nun für ein drittes Duell zu begeistern, dürfte schwer werden.

Themen gibt es genug

Material für Emotionen gibt es aber reichlich: Denn die Themenlandschaft hat sich in den letzten Wochen durchaus verändert, auch wenn sie erneut nur wenig mit dem Amt selbst zu tun hat. Österreich hat mit Christian Kern einen neuen Kanzler, dessen Bestellung sowie der Abgang Werner Faymanns sich bereits in der Stichwahl positiv auf das Ergebnis Van der Bellens auswirkten. "Nachdem der Lack bei der neuformierten Regierung aber schon wieder ein bisschen ab ist und sich das bis zur Stichwahl nicht ändern wird, kann das speziell Hofer für Kritik nutzen", sagt der Politologe Thomas Hofer.

Neben der neuen Regierung wird auch die Diskussion über Europa wieder auf dem Tapet stehen. Zum Dauerbrenner TTIP gesellt sich nun noch das Erdbeben des erfolgreichen Brexit-Referendums in Großbritannien. Der FPÖ-Kandidat Hofer schließt ein solches Referendum für Österreich nicht kategorisch aus. "Die FPÖ wird hier im Wahlkampf aber sehr vorsichtig sein und keinen konkreten Öxit fordern", sagt der Politologe. "Das könnte sonst auch Van der Bellen für sich nutzen und die Frage stellen, wohin Hofer Österreich denn damit führen würde." Nicht zuletzt könnte die Wahlwiederholung an sich einen Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Demokratie auslösen. Das kann sich einerseits negativ auf die allgemeine Wahlbeteiligung auswirken, andererseits möchte die FPÖ den Entscheid des Höchstgerichts positiv für sich nutzen.

Van der Bellen zuversichtlich

"Es gibt keinen Grund zum Jubeln", sagte FPÖ-Parteiobmann Heinz-Christian Strache am Freitag. Stattdessen sieht er im Erkenntnis einen Gewinn für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Van der Bellen zeigte sich wiederum zuversichtlich, im Herbst erneut als Sieger hervorzugehen.

Kandidat Norbert Hofer wird sich als Dritter Nationalratspräsident jedenfalls nicht karenzieren lassen. Dies wäre ein "Riesenfehler". Die Nationalratspräsidenten übernehmen nun interimistisch die Geschäfte des Staatsoberhaupts. Hofer betonte, die Aufgaben klar trennen zu können: "Ich werde beweisen, dass ich überparteilich auftrete."

Es sei zwar ein völliges Novum, dass ein Präsidentschaftskandidat als Dritter Nationalratspräsident gleichzeitig die Geschäfte des Bundespräsidenten wahrnimmt, sagt Politologe Fritz Plasser zur "Wiener Zeitung". Er sieht darin aber kein Unvereinbarkeitsproblem, weil er dies ja im Kollegium mit der Ersten Präsidentin und dem Zweiten Präsidenten tue. Im Gegenteil, der Politikwissenschafter hielte es für ein weiteres Problem, würde Hofer nun seine Funktion als Dritter Nationalratspräsident zurücklegen. Das würde die Handlungsfähigkeit der interimistischen Vertretung infrage stellen und die Situation nur weiter aufschaukeln.

Laut Innenministerium soll die neuerliche Stichwahl 10 Millionen Euro kosten.