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Weder Faymann noch Spindelegger sind aus dem Holz, aus dem Schurken und Dämonen geschnitzt sind. Und zum Helden taugen sie auch nicht.
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Der "Werner" und der "Michael" haben am Montagabend der Republik - oder besser gesagt: dem politisch interessierten Teil davon - einen erhellenden Einblick hinter jene Kulissen geschenkt, die anderswo die Sphären der Macht verhüllen. Die Botschaft war klar: Das ostentative Duzen der beiden Kanzlerkandidaten von SPÖ und ÖVP im TV-Duell hat es für alle sichtbar zutage gefördert - auch im und um das Kanzleramt herum werkeln nur Menschen aus Fleisch und Blut. Und zwei noch dazu, die eh nach den Wahlen weiter miteinander können. Wenn es denn schon unbedingt sein muss.
Die De-Mystifizierung der Macht hat endgültig Österreich erreicht: Keine Dämonen oder Schurken, ja nicht nicht einmal mehr Blitzgneißer oder Streber sitzen an den offiziellen Machthebeln dieser Republik (von Helden wagen wir ja schon längst nicht mehr zu träumen), sondern zwei Männer, die gut und gerne auch im Nachbarhaus wohnen könnten. Der "Werner" und der "Michael" eben.
Tatsächlich ist das Du-Wort in diesem großen Dorf namens Innenpolitik eher die Regel als die Ausnahme. Innerhalb der Parteien versteht sich das von selbst, es gilt aber auch für das Verhältnis mit der politischen Konkurrenz. Und weil sich Politiker und Journalisten ohnehin ständig über den Weg laufen, pflegen auch etliche Medienvertreter das vertraute Du-Wort mit den Mächtigen.
Die Zeiten, in denen die Wähler zu einem Politiker ehrfürchtig hinaufblicken wollten, scheinen endgültig vorbei. Am liebsten einen von uns, lautet seit etlichen Jahren die Devise - und entsprechend inszenieren sich auch die Politiker.
Mit dem Trick vom "netten Kerl von nebenan" gelang es George W. Bush bei den US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2000, gegen den als steifen Besserwisser verschrienen amtierenden Vizepräsidenten Al Gore zu gewinnen. Gerhard Schröder (unvergessen mit "Hol mir mal ne Flasche Bier, sonst streik ich hier") war darin genauso authentisch wie als Aufsteiger-Großkotz im Brioni-Mantel; und Angela Merkel spielte die Rolle von "Helmut Kohls Mädchen" so perfekt, dass es Jahre brauchte, bis Konkurrenz und Medien die unscheinbare Kanzlerin als Machtfrau überhaupt ernst zu nehmen begannen; zuletzt hatten sogar die Franzosen, die sich als einzige Demokratie einen republikanischen Kaiser leisten, plötzlich Lust auf einen Präsidenten, der eins zu eins die Schwächen des eigenen Landes repräsentiert, sodass sie nach etwas mehr als einem Jahr schon wieder genug von François Hollande haben.
Aber dem Trend zur sozialen Nivellierung der öffentlichen Angelegenheiten sind in Österreich ja Grenzen gesetzt. Die imperiale Fassade der österreichischen Demokratie sorgt für ein - vielleicht sogar notwendiges - Minimum an Ehrfurcht. In den Prunkräumen in der Wiener Hofburg, am Ballhaus- oder Minoritenplatz bleibt nichts übrig von den beiden Kandidaten Werner und Michael. Faymann wie Spindelegger sind dann zurückgeworfen auf ihr Amt als Bundeskanzler und Vizekanzler. Das sollte dem Trend zur Entblößung eigentlich entgegenwirken.