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Die zweigeteilte EU-Agrarpolitik

Von Veronika Gasser

Europaarchiv

Heute treffen Europas Agrarminister in Brüssel zusammen, um über das von Landwirtschaftskommissar Franz Fischler vorgelegte Maßnahmenpaket für den Rindfleischmarkt zu beraten. Österreichs Agrarminister Wilhelm Molterer ist mit dem 7-Punkte-Plan im Wesentlichen zufrieden, wird aber zusätzliche Vorschläge einbringen. Die zuerst - für Tierschützer harte - Variante der Rinderverbrennung wurde nun fallen gelassen. Fischler stellt es den Mitgliedsstaaten frei, ob sie angekauftes Rindfleisch vernichten oder einlagern. Die Mehrkosten jedoch sind vom jeweiligen Staat zu tragen.


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Die EU-Agrarpolitik hat zwei Seelen in ihrer Brust. "In der EU gibt es zwei konträre Landwirtschaftsmodelle. Die alte Schiene geht auf die EG-Agrarpolitik der 70er Jahre zurück und hat darauf bestanden, immer mehr und immer billiger zu produzieren. Und was wir am Binnenmarkt nicht verkaufen können, wird mit entsprechenden Stützungen am Weltmarkt verschleudert", analysiert der Agrarspezialist Josef Riegler, ehemaliger VP-Landwirtschaftsminister und jetziger Leiter des Ökosozialen Forums, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Substanziell wurden diese Haltungen erstmals 1992 verändert, und mit der Agenda 2000 ging der Stoß nochmals in Richtung Ökologisierung der Landwirtschaft. Doch die alten Mechanismen wirken massiv nach und konnten auch 1999 nicht einfach über Bord geworfen werden.

Obendrein kam es bei der Neugestaltung der Landwirtschaftspolitik auch zu einem kuriosen Schritt: Die Fördergrenzen für Rinder (maximal 90 Tiere) wurden aufgehoben. Die Obergrenzen wurden den Mitgliedstaaten freigestellt. "Jetzt will Agrarkommissar Fischler in seinem Programm eine Rückkehr zum Modell vor 1999", betont Riegler im Hinblick auf die Ministerrunde. Er begrüßt den neuen Vorschlag Fischlers, es den Mitgliedstaaten zu überlassen, ob sie die Rinder verarbeiten oder verbrennen wollen. Doch Riegler ahnt, dass es beim Ministerrat "sehr kontroversiell ablaufen" wird. Fischler werde hart kämpfen müssen, um einerseits den Ökologiebezug zu stärken und andererseits die Produktion zu bremsen. Denn nur wenn die Agrarverantwortlichen sich auf politischer Ebene treffen, könne mit der Umsetzung der Maßnahmen wie geplant am 2. März begonnen werden.

Die kurzfristige Maßnahme sei wegen des massiven Marktzusammenbruchs notwendig, doch das Problem der Überproduktion müsse prinzipiell gelöst werden. "Die Verantwortlichen müssen jetzt schon nachdenken, wie nach der Agenda 2000, im Jahr 2006, die europäische Agrarpolitik verändert werden muss". Davor gibt es den von 2003 auf 2002 vorgezogenen "Review der Agenda 2000". "Das wäre der erste Markstein, wo man Akzente setzen kann", hofft Riegler. Er plädiert dafür, dass das Instrument der Mengensteuerung, also Quoten bei Milch und Fleisch, verschärft wird. Außerdem müssten, abseits der Agenda, für alle Mitgliedstaaten gleiche Normen bei Lebensmittelqualität, Umwelt- und Tierschutz gelten. Auch dürfe der Weltmarkt nicht die einzige Richtschnur der Landwirtschaftspolitik sein.

Die Krise der Landwirtschaft eine Folge des EU-Beitritts?

Seit dem Beitritt zur Europäischen Union hat Österreich seine eigenständige Agrarpolitik aufgegeben und jene des gemeinsamen Binnenmarktes übernehmen müssen, erklärt Riegler, der die aktuelle Krise in Österreich auch als Folge des EU-Beitritts sieht. Anders als noch von Agrarkommissar Franz Fischler gefordert, wurde nichts aus dem "Feinkostladen" Österreich. Hier hätten BSE-Krise und Schweinemastskandal das Vertrauen der Konsumenten stark erschüttert. Ein Grund, so sieht es auch Riegler, war die Übernahme der EU-Tierhaltungsnormen. Festgelegte Bestandsobergrenzen für Schweine fielen und lösten damit einen Konzentrationsprozess in der Schweinezucht aus. Dazu kam eine ebensolche Konzentrationstendenz im Lebensmittelhandel, die das Preisdiktat zur obersten Priorität erklärte. Eigentlich, analysiert Riegler, hätte die heimische Wirtschaft, sowohl die verarbeitende Industrie als auch der Handel, bei der Vermarktung der bäuerlichen Produkte nicht mitgespielt: "Es wurde keine Strategie oder Vermarktungsschiene für Bioprodukte geschaffen. Die großen Ketten des Lebensmittelhandels hätten hier mitspielen müssen, das haben wir nicht geschafft."

Stattdessen wurde mit Schleuderpreisen geworben. Der gegenseitige Verdrängungswettbewerb wurde, so Riegler, auf dem Rücken der Bauern ausgetragen.