)
Kunde erhält gestohlenes Geld zur Hälfte zurück. | Schutzpflicht im Kassenraum. | Wien. Bankfilialleiter haben es nicht leicht. Sie müssen sogar darauf achten, dass Bankkunden in der Schalterhalle nicht bestohlen werden. Das meint jedenfalls der Oberste Gerichtshof (OGH), der in einer Entscheidung (3Ob252/07s) feststellte, dass Banken für einen Diebstahl im Kassenraum haften müssen.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ein 82-jähriger Mann hatte am Schalter einer kleineren Bankfiliale rund 14.000 Euro von seinem Sparbuch abgehoben. Das Geld wurde anstandslos und ohne weiteren Kommentar ausbezahlt.
Der Kunde, am Schalter stehend, steckte es in einen Umschlag und diesen in eine Außentasche seines Sakkos. Dann ging er im Kassenraum zehn Meter weiter - zum Sideboard, um das Geld dort zusätzlich in seiner Herrenhandtasche zu verstauen.
Doch auf diesem Weg wurde der Geldumschlag von einem Taschendieb aus dem Sakko gefischt.
Der Kunde schlug Alarm, die Polizei wurde verständigt, aber Dieb und Geld waren verschwunden.
Dennoch bekommt der bestohlene Kunde sein Geld zumindest teilweise zurück.
Laut OGH muss die Bank nämlich die Hälfte des gestohlenen Betrages zahlen. Erfolglos hatten die Verantwortlichen des Instituts darauf hingewiesen, dass es dem Kunden freigestanden wäre, die Überweisung des Sparguthabens auf sein Konto zu verlangen. Auch die Möglichkeit, sich das Geld in einem gesonderten Raum auszahlen zu lassen, hätte bestanden.
Pflicht, auf Alternativen hinzuweisen
Der OGH kritisierte jedoch, dass man den Kunden aber weder auf die Möglichkeit einer Überweisung von einem Sparbuch auf ein anderes Konto hingewiesen, noch eine Auszahlung in einem abgesonderten Raum vorgeschlagen hätte. Das Höchstgericht hielt den Betrag von 14.000 Euro für hoch genug, um entsprechende Schutzmaßnahmen zu fordern. Durch die Bank sei die "Schutzpflicht" mehrfach verletzt worden. Allerdings wurde dem Kunden ein 50-prozentiges Mitverschulden wegen seiner eigenen Sorglosigkeit angerechnet, weshalb die Bank auch nur für die Hälfte des gestohlenen Betrags aufkommen musste.
Dr. Gernot Stöger ist ehemaliger Richter und war zuletzt als Vorsteher des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha tätig.