Der Wahlkampf von Senator John Kerry und von General Wesley Clark, die beide von den US-Demokraten als Präsidentschaftskandidat gekürt werden wollen, hat auch die Debatte um die Vergangenheit des amtierenden republikanischen Präsidenten George W. Bush wieder angeheizt. Als Mitte Jänner der deklarierte Clark-Unterstützer Michael Moore den US-Präsidenten einen "Deserteur" nannte, spielte der prominente Autor und Oscar-Preisträger damit auf die Dienstzeit von Bush bei der Nationalgarde an.
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Während Kerry in Vietnam kämpfte, ließ sich der jetzige Präsident nämlich als Pilot bei der Nationalgarde in Texas ausbilden.
Von Kritikern wie Moore wird Bush nicht vorgeworfen, dass er nicht wie Kerry im Vietnam-Krieg gekämpft hatte. Dies haben viele junge Amerikaner nicht gemacht. Manche gingen aus Gewissensgründen nach Kanada, andere konnten sich durch ärztliche Atteste von der Dienstpflicht befreien. George W. Bush hatte selber zugegeben, dass er nicht nach Vietnam wollte und sich stattdessen lieber für sechs Jahre als Pilot bei der Nationalgarde in Texas verpflichtete.
Umstritten ist jedoch, ob sich Bush monatelang seinen Dienstpflichten entzog. Eigentlich war er als Pilot in Houston in Texas stationiert, erhielt jedoch die Erlaubnis für einen dreimonatigen Aufenthalt in Alabama, wo er bei einer Einheit in Montgomery tätig sein sollte. Laut dem damaligen Kommandanten der Basis, General William Turnipseed, war Bush aber nicht zu den vorgesehenen Flug-Übungen erschienen. Unbestritten ist, dass der junge Bush bei einem Wahlkampf in Alabama für die Wahlen im November 1972 mitarbeitete.
Laut einem Bericht des "Boston Globe" war Bush in den letzten 18 Monaten seines Militärdiensts 1972 und 1973 überhaupt nicht zu den vorgeschriebenen Übungen erschienen, weder in Montgomery noch in Houston. Sieben Monate nach seiner Rückkehr von Alabama nach Texas verfassten demnach zwei Vorgesetzte einen Bericht, wonach Bush in den letzten zwölf Monaten bei seiner Einheit nicht mehr gesehen wurde. Konsequenz dieses Verhaltens konnte eine Vietnamverpflichtung sein. Aus Schock sei Bush wieder zu seiner Einheit zurückgekehrt, wo er dann von Mai bis Juli 1973 schnell 36 Tage Dienst leistete. Daraufhin sei ihm eine vorzeitige Entlassung gewährt worden um die Harvard Business School zu besuchen, berichtet "Newsweek". Bush selber gab hingegen an, er habe in der fraglichen Zeit vermutlich schon an Übungen teilgenommen.
Die Recherche des "Boston Globe" über die Vergangenheit des Präsidenten war schon im Jahr 2000 veröffentlicht worden. Durch die Kandidatur von John Kerry, dekorierter Vietnam-Veteran, und Wesley Clark, ehemaliger NATO-Oberbefehlshaber, bei den Vorwahlen der Demokraten kommen die Vorwürfe gegen Bush nun wieder auf. Beobachter meinen, dass die Republikaner deswegen den möglichen Herausforderern Kerry und Clark keinesfalls mangelnden Patriotismus vorwerfen können. Auch Kerrys kritische Haltung zum Vietnam-Krieg nach seiner Rückkehr in die USA sollten die Republikaner besser nicht thematisieren " der Angriff könnte zum "Rohrkrepierer" werden.