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Gabriele Krenn ist die erste Präsidentin einer Landes-Rechtsanwaltskammer. | "Wiener Zeitung": Vergangene Woche wurden Sie als erste Frau an die Spitze einer Rechtsanwaltskammer gewählt. War das für Sie ein historischer Schritt - oder einfach normal im 21. Jahrhundert?
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Gabriele Krenn: Natürlich hat es mich gefreut, dass ich bei der Kampfabstimmung gewählt worden bin. Es zeigt die Aufgeschlossenheit und Offenheit der steirischen Rechtsanwälte. Dabei hat die steirische Kammer nur zwölf Prozent Frauen als Mitglieder. In Wien ist der Anteil der weiblichen Rechtsanwälte etwas höher.
Wieso ist der Frauen-Anteil so gering? In den Jus-Universitäten sieht man ein 50:50-Verhältnis unter den Studierenden.
Es stimmt, es gibt unter den Rechtsanwaltsanwärtern viele Konzipientinnen, und auch einige junge Rechtsanwältinnen. Aber der Beruf lässt sich sehr schwer mit der Unterbrechung durch Karenzzeiten vereinbaren. Wenn man einige Monate fehlt, ist das ein schwerer Rückschlag für die Präsenz und die Positionierung bei den Klienten. Das ist eine ganz wesentliche Ursache.
Gibt es Möglichkeiten, hier gegenzusteuern?
Naja, das Problem ist, dass die anwaltliche Leistung eine sehr persönliche ist. Man muss ein Vertrauensverhältnis zum Rechtsanwalt haben. Am ehesten lässt sich eine Karenzzeit wahrscheinlich mit der Arbeit in großen Anwaltskanzleien vereinbaren. Da hat der Klient nämlich den Eindruck, dass er noch immer dieselben Ansprechpartner hat.
In Wien geht der Trend zu den riesigen Anwalts-Sozietäten, ein Team aus 20 Partnern ist keine Seltenheit mehr. Entwickelt sich die Steiermark ähnlich?
Die Zahlen sind deutlich kleiner, aber in den Ballungszentren schließt man sich auch gern zusammen, zu Zwei-Mann, Drei-Mann-Kanzleien. Einerseits aufgrund von Kostenfaktoren - denken Sie an die Infrastruktur wie Räumlichkeiten und Computer. Andererseits spüren auch wir den Zug zur Spezialisierung. Die Rechtsgebiete lassen sich besser aufteilen, wenn man in einem Team ist. Ein weiterer Vorteil ist die Vertretungsmöglichkeit.
Welche Schwerpunkte werden Sie setzen?
Aktuell ist die klare Positionierung gegenüber einigen Rechtschutzversicherungen ein wichtiges Thema. Hier gibt es teilweise Versuche, inhaltlich in Causen Einfluss zu nehmen und das Verfahren möglichst kostensparend zu gestalten. Das ist ganz sicher nicht im Interesse des Klienten.
Was schlagen Sie vor?
Meiner Meinung nach kann der Versuch der Einflussnahme inhaltlicher Natur nur dadurch wirksam unterbunden werden, indem Rechtsschutzversicherungen der Abschluss von Honorarvereinbarungen oder sonstigen Abmachungen über die Abwicklung der Causen untersagt wird.
Gabriele Krenn ist auf Wirtschaftsrecht spezialisiert. Die seit 1990 eingetragene Anwältin engagiert sich seit 11 Jahren in der Kammer, in der vergangenen Periode war sie Vizepräsidentin.