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Dieses Arbeitsprogramm wartet auf die nächste Regierung

Von Karl Aiginger

Gastkommentare
Karl Aiginger ist Leiter des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Wifo), Gastprofessor an der Wirtschaftsuniversität Wien und Honorarprofessor an der Universität Linz.

Egal, welche Parteien die neue Regierung bilden werden: Österreich braucht eine Agenda 2025 - mit Kassasturz, Einsparungen und Reformen.


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Österreich ist ein erfolgreicher Wirtschaftsstandort. Die Leistungsbilanz ist hochaktiv, die Arbeitslosigkeit niedriger als in den anderen Ländern. Dennoch: Ohne Reformkurs und Investitionen in die Zukunft wird Österreich diese Position nicht halten können. Eine Agenda 2025 ist notwendig. Sie muss mit einem Kassasturz beginnen, in dem die Belastungen aus Hypo Alpe Adria, Koralmtunnel etc. abgeschätzt werden müssen.

Zweitens muss festgelegt werden, zu welchen Einsparungen im öffentlichen Sektor die Politik bereit ist. Das Einsparungsvolumen soll teils für Zukunftsinvestitionen und teils für eine Reduktion der Abgabenbelastung genutzt werden. Es braucht auch eine Schulreform, der wichtigste Punkt muss dabei die Autonomie der Schulen sein. Es gibt Vorgaben der Politik über Ziele, dann aber autonome Entscheidungen der Schulen über Ausgaben, Lehrpersonal, Stundenpläne und transparente Kontrolle der Lernergebnisse (Pisa-Ergebnisse am Schultor). Heute werden Schulen durch Bürokratie gelenkt, Direktoren durch die Politik bestellt. Es gibt eine Diskussion über eine Lehrverpflichtung in Stunden, die es in zehn Jahren nicht mehr geben wird, weil Frontalunterricht sich aufhört. Dienstverträge sind für 40 Stunden pro Woche und 48 Wochen im Jahr gültig, Teleworking je nach Möglichkeiten an der Schule und Vereinbarung mit der Direktion. Universitäten brauchen mehr Geld und bessere Organisation, Lernen muss lebenslang sein.

Heute wird mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung über den Staat ausgeführt, die Abgaben sind höher als in fast allen anderen Ländern. Dennoch sind die Ungleichheit der Geschlechter und der Bildungsvererbung sowie die Zahl der 14-Jährigen, die nicht lesen können, aber rauchen und übergewichtig sind, größer. Spitalsbetten hat Österreich um die Hälfte mehr, gesunde Lebenszeit weniger.

Der Faktor Arbeit soll weniger besteuert werden; damit das untere Drittel profitiert, braucht es niedrigere Lohnnebenkosten. Betriebsgründungen sind kompliziert und teurer; für innovative Gründungen fehlt die Finanzierung. Trafiken, Kaffeehäuser und kleine Geschäfte gehen ein. Ein kombiniertes Angebot von Gasthaus/Trafik/Kleinkaufmann wäre lebensfähig und könnte auch Zulieferungen übernehmen.

Alternative Energien und Energieeffizienz müssen forciert werden. Österreich hat eine erfolgreiche Industrie. Sie nutzte die Öffnung der Ostmärkte, jetzt gilt es, fernere Märkte (Schwarzmeer, Nordafrika, Asien) zu nutzen. Die Konkurrenz drängt nach, es ist nötig, durch Bildung, Innovation und neue Technologien "die Qualitätsleiter weiter hinaufzuklettern". Wettbewerbsfähigkeit baut auf Leistungskomponenten und Effizienz auf, nicht auf niedrigen Kosten. Die Abgabenquote sollte nicht höher als bei der Konkurrenz im Qualitätssegment sein.

Europa leidet unter späten, bruchstückhaften Reformen. Österreich könnte ein Erfolgsmodell werden und höchste soziale und ökologische Standards mit erfolgreicher Wettbewerbsfähigkeit verbinden. Diese ist dabei zu definieren als die Fähigkeit, gesellschaftliche Ziele zu erfüllen.