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Also sprach kürzlich der weltberühmte, hochbetagte polnische Schriftsteller Stanislaw Lem: "Am besten war die Welt vor 120 Jahren, als es noch keinen Fernseher gegeben hat, . . ." Da ist viel Wahres dran. Doch ebenso viel Falsches. Dem Leben im wahrsten Wortsinn nicht mehr viel abgewinnen könnende Menschen neigen zur Behauptung, früher sei alles oder vieles besser gewesen. Das ist verständlich, aber doch ums Ganze zu kurz gegriffen. Bei Geistesmenschen tut's außerdem besonders weh. Schon ein kurzes Nachdenken über bald 40 Jahre Fernseherei, die man auf dem Buckel, vor Augen, im Gemüt und sonst wo hat, macht klar, dass sich Pro und Contra die Waage halten. Dass erfolgreiche Programme der Natur oder aus Menschenhand dazu neigen, früher oder später auszuufern und über die Stränge zu schlagen, ist Fakt.
Das Fernsehen ist wohl auf dem Dinosaurier-Niveau angelangt: Ein paar falsche Bewegungen noch, und die überzüchtete Maschinerie kracht zusammen. Einziger Ausweg ist und bleibt das Zurückstutzen, das Kultivieren an allen Ecken und Enden. Das Werkl Fußball+TV(-Gelder) ist z. B. am Wackeln und Zusammenbrechen - man zieht die Notbremse. Ebenso bereits angedacht: die eindeutig deklarierte Dauerwerbesendung. Das schamlose Product Placement, vielleicht gerade auf dem Höhepunkt, wird bald ein alter Hut sein. Kurzum: Der Mensch, auch der homo televisionensis, will überleben, weitermachen - und reagiert nach Not und Möglichkeit. Zurück zum Pro & Contra: Dass die bereits ihren Zenit erreicht habenden Talkshows von den unsäglichen Gerichtsshows abgelöst werden, erhöht die TV-Kultur ebenso wenig wie das Fernhalten der Kunst vom Hauptabendprogramm. Das positiv Prägende durch 40 Jahre TV-Konsum? Es ergäbe eine Extraportion vom "Linsengericht". Und mehr.