Wiener SPÖ-Chef stellte neue Prestigeprojekte vor.
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Wien. Hundert Themen" sind bei der SPÖ-Klausur am Kahlenberg behandelt worden, verkündete der neue SPÖ-Chef und angehender Bürgermeister Michael Ludwig am Freitag vor Journalisten. "Ein Projektspeicher für die zukünftige Arbeit in Wien", wie er meinte.
Als vorrangiges strategisches Ziel nannte Ludwig das Ansinnen, Wien zur Digital-Hauptstadt Europas zu machen. Außerdem kündigte er eine "Platzsanierungsoffensive" an, um das "Heimatgefühl" der Wiener zu verstärken. Begonnen werden soll mit dem Reumannplatz in Favoriten.
Der künftige Wiener Bürgermeister kündigte auch flächendeckend "Supergreißler" in der Stadt an. Also Nahversorger, die zusätzlich auch andere Aufgaben, wie z.B. Paketservice, übernehmen sollen. Weiters will Ludwig eine "Donaubühne" für kulturelle Veranstaltungen im 22. Bezirk etablieren und eine Mehrzweckhalle für große Sportevents errichten lassen - für Vereine, die "nicht so im Fokus stehen". Hier müssen aber noch Fragen der Standorte, der Widmungen und der Finanzierung geklärt werden, sagte Ludwig.
Wie industrielle Revolution
Für den Wiener SPÖ-Chef ist die Digitalisierung mit der industriellen Revolution des 18. und 19. Jahrhunderts vergleichbar - wo es auch darum gehe, alle Menschen gleichberechtigt daran teilhaben zu lassen und darauf zu achten, "keine Vertiefungen gesellschaftlicher Unterschiede" entstehen zu lassen, wie er ausführte. Von der Schule bis zur Erwachsenenbildung - niemand dürfe bei der Digitalisierung zurückgelassen werden, so Ludwig.
Um mehr Vertrauen in diese neuen Technologien zu erzeugen, sollen laut Landesparteisekretärin Barbara Novak als erster Schritt ein "Cyber Security Hub", bestückt mit heimischen Unternehmen und Start-ups, eingerichtet sowie internationale Konferenzen nach Wien gebracht werden.
Die bereits angesprochene Platzsanierungsoffensive soll laut Ludwig die Bezirksgrätzl aufwerten und zur Beibehaltung der sozialen Durchmischung beitragen.
Neben der Installation von Supergreißlern sollen in diesem Sinne auch die Gemeinschaftszentren ausgebaut und dabei ein Fokus auf die Nutzung von Erdgeschoßzonen gelegt werden.
Ebenerdige Arztpraxen
Niedergelassene Ärzte sollen künftig verstärkt an barrierefreien Orten untergebracht werden, zumindest wenn es nach Ludwig geht. Hier gebe es bereits sowohl mit der Wiener Wirtschaftskammer als auch mit der Ärztekammer ein gutes Einvernehmen, betonte er.
Um auch arbeitsmarktpolitische Akzente zu setzen, kann sich der zukünftige Bürgermeister auch vorstellen, in Zusammenarbeit mit dem Waff (Wiener ArbeiterInnen Förderungsfonds) und dem Arbeitsmarktservice Wien älteren Personen über 50 Jahre zu Jobs zu verhelfen.
Außerdem will Ludwig bestimmte soziale Leistungen, die in den vergangenen Jahren aus Einsparungsgründen an verschiedenen Orten gebündelt wurden, wieder zurück in die Bezirke bringen. Die Sozialarbeit werde demnach wieder verstärkt vor Ort in den Bezirken geleistet werden - Ludwig nannte es am Freitag "Grätzlgemeinwesenarbeit".
Weiters sollen nach dem Vorbild des sogenannten Wien-Bonus (bei der Vergabe von geförderten Wohnungen werden seit 2015 Langzeit-Wiener gegenüber Zuzüglern bevorzugt, Anm.) etwa bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen Firmen aus der Region verstärkt zum Zug kommen. Ludwig nannte hier etwa auch den Bereich der Bio-Produkte. Immerhin werde auf 14 Prozent der Fläche Wiens Landwirtschaft betrieben. Hier sei man bereits mit Nahversorgern im Gespräch.
Kritik der anderen Parteien
Erwartungsgemäß hielt sich die Begeisterung der Oppositionsparteien zu Ludwigs Plänen in Grenzen. Von tatsächlicher Veränderung oder Neuorientierung scheint man "Lichtjahre" entfernt zu sein, erklärte Wiens FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp.
Ein wenig versöhnlicher klang es aus den Reihen der Wiener ÖVP - aber nur, weil Ludwig laut dem nicht amtsführenden ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch ÖVP-Ideen aufgreife, wie etwa die Mehrzweckhalle, das Kulturangebot jenseits der Donau oder der Digitalisierungsausbau: "Die ÖVP hat das schon mehrmals auf den Tisch gelegt, die SPÖ scheitert an der Umsetzung", so Wölbitsch. Für die Neos seien die Pläne der SPÖ im Nebel geblieben, kritisierte Klubchefin Beate Meinl-Reisinger. Sie vermisste Antworten auf Gesundheits-, Bildungs- und Integrationsfragen.
Und auch der grüne Koalitionspartner äußerte sich zu den SPÖ-Projekten: "Ich frage mich: Woher kommt das Geld?", so Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou.