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Immer mehr Bestattungsunternehmen bauen ihr digitales Angebot aus. Es kann längst nicht nur am Grab, sondern auch im Internet getrauert werden.
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An Allerheiligen füllen sich die Friedhöfe des Landes üblicherweise mit trauernden Angehörigen. Nachdem die Regierung im vergangenen Jahr davon abgeraten hat, sich zu Allerheiligen im Kreise der Familie am Friedhof zusammenzufinden, erwarten die Friedhöfe Wien heuer wieder einen größeren Ansturm. Besondere Sicherheitsvorkehrungen werden trotz der steigenden Corona-Zahlen nicht getroffen. Es wird jedoch an die Besucherinnen und Besucher appelliert, auch an den Gräbern Abstand zu halten.
Corona hat die Gesellschaft, aber auch die Art und Weise, wie Menschen trauern verändert. Und die Bestattungsbranche hat sich angepasst. Während schon lange online nach den Gräbern von Verstorbenen gesucht oder Kränze bestellt werden können, wird nun auch die Bestattungs-Planung virtuell angeboten. Zudem gibt es Begräbnis-Live-Streams für Trauergäste, die nicht persönlich an der Bestattung teilnehmen können, und sogar Gräber können nun digital besucht werden. Die Branche hat einen Digitalisierungsschub erlebt und der Fortschritt wird die Pandemie überdauern. "In einer Zeit, in der Angehörige überall auf der Welt verstreut sind, ist ein Grabbesuch zu Allerheiligen nicht für alle so einfach möglich", sagt Julia Stering, Pressesprecherin der Friedhöfe Wien. Daher sei der virtuelle Grabbesuch nicht nur in Zeiten der Pandemie relevant.
Nicht alle digital
Durchgesetzt hat sich die Digitalisierung jedoch längst noch nicht überall. Nur 64 Prozent der Bestatter in Österreich haben eine Website. Während dieser Anteil in Wien (94 Prozent) gefolgt von Kärnten (88 Prozent) und Vorarlberg (80 Prozent) sehr hoch ist, sind das Burgenland (50 Prozent) und Oberösterreich (48 Prozent) Schlusslichter.
Ob Website oder nicht - ein Problem bleibt weiterhin bestehen, und zwar die Preisintransparenz. Die Bundeswettbewerbsbehörde kritisiert, dass nur 3,9 Prozent der Bestatter ihre Preise auf der Website ausweisen. Dies ist nur eine leichte Steigerung von 0,3 Prozent seit der letzten Überprüfung im Jahr 2018. In Tirol und Kärnten gehen die Bestatter demnach am transparentesten mit ihren Preisen um. In der Steiermark, im Burgenland und in Vorarlberg gibt hingegen kein einziges Unternehmen seine Preise auf der Website an. Dies macht es für Angehörige in einer verletzlichen Situation schwer, sich für ein Bestattungsunternehmen zu entscheiden.
Insgesamt gibt es in Österreich rund 530 Bestattungsfirmen, je nach Bundesland fällt die Auswahl größer oder kleiner aus. Durchlaufende Kosten wie der Abhaltungsort sind überall gleich. Teurer kann es etwa erst durch den Leichenschmaus werden. Eine Bestattung kostet um die 5.500 bis 7.000 Euro, wobei eine Feuerbestattung etwas günstiger ist.
"Gestorben wird immer"
Nicht alle Personen, die ein Begräbnis planen müssen - immerhin mehr als die Hälfte der Menschen in Österreich - können sich auch mit der Idee anfreunden, dies online zu tun. Eine Befragung des privaten Bestattungsunternehmens Himmelblau, das ebenfalls digitale Services wie Live-Streams anbietet, zeigt, dass sich fast die Hälfte der Befragten ein Abhalten von Bestattungen über digitale Bestattungsunternehmen kaum oder gar nicht vorstellen können. Und so wurden auch die meisten Bestattungen im Jahr 2020 auf dem konventionellen Weg, also im persönlichen Austausch mit dem Bestatter, geplant.
"Gestorben wird immer", lautet ein beliebter Spruch in der Bestattungsbranche. In Österreich sterben pro Jahr durchschnittlich 80.000 Menschen. Im Jahr 2020 lag die Anzahl der Verstorbenen deutlich über dem Durchschnitt, 91.599 Personen wurden österreichweit als gestorben registriert. Die vielen zusätzlichen Sterbefälle sind laut der Statistik Austria auf die Corona-Pandemie zurückzuführen.
In der Bundeshauptstadt genießt die städtische Bestattung Wien trotz der Liberalisierung des Bestattungsmarktes im Jahr 2002 immer noch Monopolstellung. Von rund 17.901 Verstorbenen im Jahr 2020 wurden rund 80 Prozent der Bestattungen durchgeführt. Ein Großteil davon waren Feuerbestattungen. Während sie schon vor der Pandemie die beliebteste Bestattungsart war und in Vorarlberg etwa 80 Prozent ausmacht, ist die Nachfrage auch im Feuerbestattungs-Nachzüglerland Wien stark gestiegen, von 33 auf 40 Prozent, wie Florian Keusch von der Bestattung Wien erklärt. "Die Feuerbestattung wurde auch während der Pandemie stark empfohlen, weil auf diesem Weg danach eine Trauerfeier abgehalten werden kann, auch wenn dies zum Zeitpunkt der Einäscherung nicht möglich war", so Keusch. Erdbegräbnisse haben in Österreich nämlich bis spätestens zwei Wochen nach dem Ableben zu erfolgen. Bei der Feuerbestattung darf mehr Zeit verstreichen, sofern die verstorbene Person bereits kremiert wurde.
Mehr Versicherungen
Immer mehr Menschen lassen sich auch in der Natur bestatten. Dies hat den Vorteil, dass es dauerhaft günstiger ist, weil keine Grabpflegekosten anfallen. Je nach Bundesland sind in Österreich unterschiedliche alternative Bestattungsmethoden erlaubt: die Donau-, See-, Baum- und die Diamantbestattung. Generell unterscheiden sich Beisetzungen immer stärker, der Wunsch nach Individualität wächst, wie Florian Keusch sagt: "Begräbnisse werden individueller, lockerer und es werden mittlerweile deutlich weniger Priester engagiert."
Um das eigene Begräbnis zu planen, bieten Firmen Bestattungsvorsorgeversicherungen an - mittlerweile ebenfalls online. Rund 700 Kunden hat die Online-Versicherung der Bestattung Wien pro Jahr. Obwohl sich nur rund 30 Prozent der Personen vorstellen können, eine Bestattungsvorsorge abzuschließen, erwartet Keusch einen baldigen Anstieg in diesem Bereich, denn: "Wenn eines sicher ist am Leben, dann, dass man stirbt."