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Früher war es leichter. Es gab Grundlagenwissenschaften auf der einen und angewandte Forschung auf der anderen Seite: experimenteller Freiraum versus Produktentwicklung. Diese Unterteilung wurde oft zu Recht kritisiert und auch gelockert. Doch in den wettbewerbsentscheidenden Bereichen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) stellt sie sich in neuem Licht dar.
Wenn eine Universität einen Algorithmus erfindet, lernt dieser aus Daten, was er zu tun hat: Je mehr Ähnlichkeiten er abgleicht, desto klarer wird ihm, worin seine Aufgabe besteht. Nur Privatkonzerne aus Silicon Valley besitzen genug Daten für maschinelles Lernen: Ohne sie ist kein Brettspiel gewonnen, kein Rasen gemäht, kein Popsong gespielt - und kann der Uni-Algorithmus kein Produkt werden.
Freilich sind Investitionen immer nötig. Doch das Maß macht es aus: Hier übertrumpft die Finanzkraft einer Handvoll Konzerne alle nationalen Forschungsbudgets zusammen. Somit stellt sich die Frage, ob die Forschungspolitik mit ihren herkömmlichen Instrumenten die Zukunft steuern kann. Deutschland und Frankreich beantworten die Schieflage mit nationalen KI-Strategien. Österreich müsste etwas Ähnliches tun und sich dabei als kleines Land strategisch auf seine Kompetenzen konzentrieren. Es müsste neue Freiräume für Grundlagenforschung in der KI öffnen und diese in Pilotanwendungen entwickeln. Dann hat es zwar noch immer weniger Geld als Google, kann aber in seinen Bereichen die besten Köpfe gewinnen.