Santiago - In Chile hat die Justiz die mutmaßlichen Mörder des Chemikers Eugenio Berríos unter Anklage gestellt. Die Täter, Gehilfen von Ex-Diktator Augusto Pinochet, sollen den Wissenschaftler 1992 in Uruguay umgebracht haben. Die Auftraggeber des Verbrechens sind nach wie vor unbekannt.
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Den Majoren a.D. Silva Valdés und Torres Gacitúa wird vorgeworfen, Berríos durch Kopfschüsse getötet und seinen Leichnam am Strand von El Pinar, 34 Kilometer vor der uruguayischen Hauptstadt, verscharrt zu haben. Dort wurde er 1995 entdeckt.
Wegen Irreführung der Justiz wurden am vergangenen Freitag zudem der General und Ex-Direktor des Heeresgeheimdienstes DINE, Hernán Ramírez, der Hauptmann Pablo Rodríguez und der Unteroffizier Raúl unter Anklage gestellt.
Beim Verbrechen an Berríos ging es um eines der letzten im Zuge des so genannten Kondor-Plans, der Zusammenarbeit südamerikanischer Diktaturen bei der Aufspürung und Ermordung von Regimegegnern bzw. Personen, die darüber zuviel wussten.
Ein Verschleppter
Berríos war Agent der DINA, der Geheimpolizei, die die Säuberungsaktionen in den ersten Jahren der Pinochet-Diktatur (1973-1990) durchführten. Er wurde im Oktober 1991 über Argentinien nach Uruguay verschleppt, nachdem ihn die chilenische Justiz im Zusammenhang mit ihren Ermittlungen über die Operationen der DINA vorgeladen hatte.
Mit der Aufklärung des Verbrechens ist die chilenische Richterin Olga Pérez befasst. Sie konnte trotz Behinderung von Seiten der uruguayischen Behörden genügend Beweismaterial zusammentragen, um die beiden mutmaßlichen Täter vor Gericht zu stellen.
Lebend gesehen worden war Berríos zuletzt am 15. November 1992. Damals hatte er die Polizeistelle des Badeortes Parque del Plata um Schutz gebeten. Gegenüber dem zuständigen Kommissar soll er erklärt haben, dass ihn chilenische und uruguayische Militärs verschleppt hätten und ihn töten wollten. Am Revier wurde Berríos zusammen mit zwei weiteren Männern von den angeblichen uruguayischen Heeresoffizieren Eduardo Radaelli und Tomás Casella abgeholt. Laut der chilenischen Zeitschrift "Siete+7" handelte es sich bei diesen Männern um Valdés und Gacitúa. Sie waren von Augenzeugen identifiziert worden.
Auftritt zu Dritt
Silva Valdés war Pinochets Sicherheitschef gewesen und hatte in dieser Funktion mehr als 500 Auslandsreisen unternommen, bis er 1993 in den Ruhestand ging. Torres Gacitúa diente 15 Jahre und über das Ende der Schreckensherrschaft hinaus als Chef von Pinochets Leibwache und als Heereskommandochef bis 1998. Er hatte sich im Oktober 1998 Scotland-Yard-Beamten in den Weg gestellt, um die Verhaftung Pinochet in London zu verhindern. Danach leistete er dem Ex-Diktator in den 503 Tagen seines Hausarrestes in der britischen Hauptstadt Gesellschaft.
Die renommierte Journalistin Mónica González weist in "Siete+7" darauf hin, dass Berríos innerhalb der DINA eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung von Chemiewaffen gespielt hat, die zur Eliminierung Oppositioneller verwendet werden sollten. Berríos soll zudem an einem Programm mitgearbeitet haben, das Chile die militärische Überlegenheit über Argentinien sichern sollte. Beide Länder befanden sich Ende 1978 im Streit um den Beagle-Kanal am Rande eines Krieges.