Nato und EU wollen den Libyen-Konflikt mit Luftangriffen lösen, bei Syrien sehen sie aus Feigheit weg - das ist das Ergebnis der Beseitigung des politischen Willens in der EU (und der Nato).
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Es gibt im Umgang mit den arabischen Revolutionen kein entschlossenes Handeln von Nato und EU, eine Folge der konsequenten Beseitigung militärischer Kapazitäten, was ja (nicht nur in Österreich) das Militär in schlecht bewaffnete Sozialhilfevereine verwandelt hat ("Soldaten, die nicht schießen").
Im deutschen Bundestag konnte man hören, man wolle nun Soldaten "die nicht töten, aber auch nicht getötet werden", was ja den Sinn eines Militärs beseitigt. Ein "Ewiger Friede Links Grün"-Kurs diktiert damit die sicherheitspolitische Zukunft Europas.
Europas Rolle in der Welt bestimmen heute Mercedes Benz, Nestlé oder Siemens, diese haben aber weder Atomwaffen noch eine Raketenabwehr. Die EU-Apologeten träumen von einem europäischen "Global Player", während sie bei sich daheim die Beinahe-Auflösungen der Militärs verordnen, wie etwa in Schweden, den Niederlanden oder Ungarn.
Dieser Prozess zerstört die Nato, hat aber bei einigen Staaten aus Selbsterhaltungstrieb zu nationalen Strategiepapieren geführt, in denen alles, was die Verteidigung Europas betrifft, herausgestrichen wurde. Damit sind in der EU auch die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik begraben, mit ihr die Funktionen der EU-Proponenten Catherine Ashton und Herman A. Van Rompuy.
Wer heute Sicherheitspapiere schreibt, sollte nicht pazifistischem Wunschdenken folgen, sondern die Realität im Auge behalten, auch wenn das mangels ausreichendem Weit- und fehlendem Durchblick schwerfällt.
An diesem Negativprozess haben in Europa nicht nur die vom Humanismus gesteuerten Politiker mit der Vorstellung mitgewirkt, es gäbe für Europa ohnedies keine Bedrohungen, sondern auch jene (von der Politik gesteuerten) Vertreter des Militärs, die diesen Irrtümern keinen Widerstand entgegengesetzt, sondern sie bereitwillig mitgetragen haben, und für die Worte wie "Verteidigung" den Geruch von "Krieg führen" haben und "Sicherheit" eher etwas mit Polizei, Pensionen und Straßenverkehr zu tun hat.
Dafür wird Europa einen Preis zu bezahlen haben, denn so gut wie jeder Konflikt oder Krieg in den vergangenen hundert Jahren ist überraschend ausgebrochen. Wer keine Raketenabwehr, Flugzeuge, Panzer, Artillerie oder Kriegsschiffe haben will, muss sich eben gefallen lassen, dass gegebenenfalls andere in diese Lücken hineinstoßen. Das Anrufen von UNO, OSZE oder sonstigen Stellen wird dann nichts helfen, und die EU wird zwar vielleicht eine Battle Group alarmieren, sie aber sicher nicht einsetzen.
Da Politiker eher unbelehrbar - und wenn es darauf ankommt, zumeist auch handlungsunfähig - sind (in Österreich war dies etwa in den Jahren 1958, 1968 oder 1991 gut zu beobachten) und nur den Ideologien und dem Populismus folgen, wird die Geschichte einmal ihr Urteil fällen. Obgleich es fraglich ist, wer dann diese Geschichte schreibt - oder wer sie willfährig umschreibt.
Friedrich Korkisch ist Leiter des Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik in Wien.
Dieser Gastkommentar ibt ausschließlich die Meinung des betreffenden Autors wieder und muss sich nicht mit jener der Redaktion der "Wiener Zeitung" decken.